teilen via

Dinge wachsen lassen, statt sie selbst zu fertigen: Dasha Tsapenko ist nicht nur Designerin – sie ist Pionierin eines neuen Designverständnisses. In ihrem Atelier im niederländischen Den Haag entwickelt sie auf Basis lebender Organismen wie Pilzen, Pflanzen und Bakterien tragbare Skulpturen, Textilien und Objekte, die nicht nur nachhaltige Alternativen zur konventionellen Produktion aufzeigen, sondern auch unser Verhältnis zur Natur hinterfragen.

Die in Kiew geborene Designerin Dasha Tsapenko lebt und arbeitet in Den Haag. Nach einem Architekturstudium in der Ukraine studierte sie Social Design an der Design Academy Eindhoven und an der Jan van Eyck Academie in Maastricht. In ihrem Atelier arbeitet sie an biobasierten Textilien, Couture und künstlerischer Forschung. Neben ihren eigenen Projekten ist Tsapenko auch als Kuratorin und künstlerische Leiterin im Bereich Biodesign tätig.

Atelier Dasha Tsapenko Cr Maria Kitaeva Lisa Attard Alex Blanco
Maria Kitaeva, Lisa Attard, Alex Blanco ©

Signature: Wie kann man sich die Funktionsweise der Kombination aus Myzel und Textilien vorstellen?
Dasha Tsapenko: Das Prinzip ist einfach – aber heikel: Ich bereite eine nährstoffreiche Basis aus zellulosehaltigen Fasern wie Hanf oder Leinen vor und gebe sie den Pilzsporen als Substrat. In einer feuchten, sterilen Umgebung wachsen daraus textile Flächen aus Myzel. Die größte Herausforderung dabei: andere Mikroorganismen fernzuhalten, die das Ganze verunreinigen“ würden. Dazu braucht es sterile Bedingungen, eine genaue Temperaturkontrolle – und viel Geduld. Am Ende wird das Material getrocknet und mit natürlichen Stoffen wie Bienenwachs oder Glycerin konserviert.

Was hat Sie zu Biotextilien gebracht – und was macht sie in Ihren Augen zukunftsweisend?
Die Initialzündung war meine Zusammenarbeit mit Han Wösten 2020. Ich war sofort fasziniert vom kreativen Potenzial der Pilze – und von der Möglichkeit, Mode als Erzählmedium neu zu denken. Biotextilien haben nicht nur ein ökologisches Potenzial – sie fordern uns heraus, unsere Routinen zu überdenken: wie wir Kleidung tragen, lagern, pflegen. Es geht um neue Rituale der Verbundenheit mit Material und Umwelt.

Fließen dabei auch traditionelle Elemente in Ihre Arbeit ein?
Ich versuche, lokale Ressourcen und Handwerkstechniken in neue Kontexte zu übertragen. Für das MYC_Couture-Hochzeitskleid habe ich alte Leinenspitzen verwendet, sie mit Myzel verbunden und so ein ephemeres Ritual geschaffen: Ein Kleid, das nach der Hochzeit nicht im Schrank verschwindet, sondern in die Erde zurückkehrt – und sich zersetzt. Für mich ist das ein symbolischer Akt der Erinnerung: nicht materiell, sondern emotional.


Nichts mehr verpassen – wir halten Sie auf dem Laufenden!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.