Wie man gerade jetzt unkompliziert zu Hause kocht und seine kulinarischen Wunder erlebt.
Zu Hause ist’s dann doch am schönsten. In den gegenwärtigen Zeiten des coronabedingten Abstandhaltens scheint dem guten alten Sinnspruch neues Leben eingehaucht – als kluge Vorsichtsmaßnahme und Akzeptanz, überraschenderweise jedoch auch als lustvolle Wiederentdeckung. Was nämlich, wenn nicht Resignation oder gar Furcht im Spiel sind, um die Möglichkeiten des eigenen Heims neu zu entdecken, sondern im Gegenteil ein gut gelaunter Wagemut? Dabei wäre auszuprobieren, ob es sich wohl zu Hause auch am schönsten isst. Dass ein solch spannendes Experiment weder ein Blind Date mit Lebensmitteln und Kochgeschirr noch ein riskantes „Trial and Error“ sein muss, ist dabei vor allem drei guten Geistern – will heißen Spitzenköchen in Österreich, Deutschland und der Schweiz – zu verdanken.
“Ob es sich wohl zu Hause auch am schönsten isst, lässt sich gerade wunderbar ausprobieren.”
Schließlich sind es Heinz Reitbauer, Tanja Grandits und Johann Lafer, die bereits seit vielen Jahren ihre kulinarische Expertise in detailliert ausgeführten und liebevoll geschriebenen Kochbüchern mit ihren Gästen und Lesern teilen. Seit Langem versierte Reisende in Sachen guten Geschmacks, sind sie Entdecker neuer Aromakombinationen und Erfinder von gewagten (und stets gelungenen) Menüs. Die famosen, appetitlichen Drei bunkern dabei jedoch nicht etwa Geheimwissen, sondern bekennen ganz freimütig: Ja, wir laden offenherzig alle dazu ein, an ihren heimischen Herden ebenfalls Neues auszuprobieren. Wobei Heimat und Welt, Bodenständigkeit und kulinarische Innovation, Kontinuität und Neustart einander nicht ausschließen, sondern sogar inspirieren.
In die Gänge kommen
Nehmen wir zum Beispiel Heinz Reitbauers „Steirereck“, das seit nunmehr sechs Jahren in den maßgeblichen Gourmetführern als bestes Restaurant Österreichs firmiert. Vor seinen „Wanderjahren“ in Pariser und Londoner Spitzenrestaurants hat der 1970 geborene Reitbauer bereits im elterlichen „Steirereck“ in Wien gelernt, amtierte später als Küchenchef in einem Restaurant gleichen Namens, das sich freilich im steirischen Turnau befand, ehe er nach Wien zurückkehrte – und das „Steirereck“ von der Rasumofskygasse in die Meierei im Stadtpark verlegte und späterhin die beliebte Terrasse in einen verspiegelten Pavillon umwandelte. Um es mit den Worten des Liedermachers Wolf Biermann zu sagen: „Nur wer sich ändert, bleibt sich treu.“ Nach einem solch ermutigenden Motto könnten dabei heuer auch all jene verfahren, die typische Reitbauer-Gerichte nun einmal bei sich zu Hause kochen möchten.
Da freilich dem gängigen Wort „Nachkochen“ etwas fad Aufgewärmtes anhaftet, könnte – wenn schon, denn schon – ebenfalls ein innovativer Wechsel gewagt werden. Heinz Reitbauer hat ja kürzlich selbst die Herausforderung angesprochen: Eine häusliche Küche ist kein Homeoffice und muss deshalb auch nicht mit dem Multifunktionalen einer professionellen Restaurantküche konkurrieren. Mitunter reicht nämlich schon … Karpatensalz. Für den Gourmetkoch ist das mineralreiche Salz nämlich ein Geheimtipp (den er generös teilt), um auch zu Hause Schmackhaft-Aromatisches zu kreieren. Nun lebt allerdings auch der Home-Koch respektive die ‑Köchin nicht von Karpatensalz allein, aber der Fingerzeig geht in die richtige Richtung: Wer um die entsprechenden Zutaten weiß, kann auch zu Hause zaubern und sich dabei vielleicht sogar von Reitbauers berühmter „Reise durch Österreich in sechs Gängen“ inspirieren lassen.
Es muss ja auch nicht alles am gleichen Abend kulinarisch erwandert werden, sondern gelassen Station für Station, beginnend mit dem Amuse-Bouche von Roter Bete, die dank geröstetem Chili bereits das erste Oha-Erlebnis liefert. Hausgemachtes Brot im Roggensauerteig dürfte eine gewisse Herausforderung darstellen, doch vielleicht täte es ja auch anderes Brot, das jedoch mit diversen Gewürzen individuell verfeinert werden könnte? Ohnehin macht Heinz Reitbauer eher Vorschläge, anstatt einen Küchenkatechismus zu entwerfen. Karotte, mit Ingwer und Mandarine mariniert, als Beilage zu geräucherter Kalbszunge scheint jedenfalls durchaus machbar – mit oder ohne getrocknete und alsdann in einem Whisky-Zitronen-Sud dehydrierte Mandarinen. Danach – ganz nach Belieben als Folgegang oder an einem der nächsten Abende – ein herbstliches Pilzgericht, mit Kümmel gedämpft und im Inneren eines Haferflockenkranzes serviert. Wer dazu zuvor auf dem Markt noch holländische Albina-Rüben gefunden hat, kann diese dann klein häckseln, auf dass ihr Aroma in Verbindung mit Pekan-Nüssen – nicht zu vergessen ein Sud aus Pilzfond und Rosenblütenblättern – auch diese Reisestation unvergesslich macht. Wir hingegen blenden uns an dieser Stelle erst einmal aus, verweisen auf die folgenden kulinarischen „Destinationen“ Saibling, gegrilltes Ochsenherz oder apfel-chili-gefüllte Maiswaffel … und switchen das nächste Mal hinüber in die Schweiz. Wo uns Tanja Grandits erwartet.
Ausgekochte Infos
Heinz Reitbauer kocht im Restaurant „Steirereck“ und hat dazu das Kultbuch veröffentlicht: „Das Beste vom Steirereck. Glanzvolle Rezepte für festliche Tage“ (Live-Verlag). steirereck.at
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