Durch die Digitalisierung historischer Dokumente steigt das Interesse an dem Feld der Ahnenforschung. Hofrat Dipl.-Ing. Leopold Strenn gibt Einblicke in die Welt der Genealogie.
Im Laufe unseres Lebens stellen wir uns immer wieder die Sinnfrage und die beinhaltet neben „Wer bin ich?“ und „Wohin gehe ich?“ auch „Woher komme ich?“. Eine Frage, auf die sich viele Menschen nicht nur philosophisch, sondern auch geografisch und physisch eine Antwort wünschen. Wie lebten die Ururgroßeltern dereinst? Stamme ich vielleicht in zehnter Generation von einem Adeligen ab? Kommen meine Vorfahren aus Teilen der Welt, die man nicht vermuten würde?
“Durch die Digitalisierung kommt man seinen Verwandten mit ein paar Klicks auf die Spur.”
Musste man sich für diese Fragen früher noch durch alte Archive wühlen, so eröffnet sich heute ein Großteil der Dokumente und Unterlagen in digitaler Form vor einem und mit ein paar Klicks kommt man der lieben Verwandtschaft auf die Spur. In seiner Funktion als Gründer und Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für Familien- und regionalgeschichtlicher Forschung, kurz ÖFR, kennt sich Hofrat Dipl.-Ing. Leopold Strenn bestens aus in der Welt der Kirchenbücher, Kurrenthandschriften und Schwarz-Weiß-Fotografien. Eigentlich studierter Vermessungstechniker, der bis zu seiner Pensionierung im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen tätig war, beschäftigt sich Strenn seit nunmehr 20 Jahren mit der Ahnenforschung. Im Interview erzählt er, wie und wo man mit dem Anlegen des Stammbaums am besten beginnt, warum man sich DNA-Genealogie gut überlegen sollte und wie ihn seine Forschungen bis nach Brasilien geführt haben.
Wie und wann sind Sie zur Ahnenforschung gekommen?
Als ich vor etwa 20 Jahren den Salzburger Onkel meiner Frau kennenlernte und dieser hörte, dass ich in Latein maturiert hatte, bekam ich von ihm eine im 16. Jahrhundert entstandene Familienchronik, die er mich bat zu übersetzen. Das Interesse an der Genealogie war geweckt und ich begann meine Vorfahren zu erforschen.
Wer darf sich eigentlich Ahnenforscher oder Genealoge nennen
Genealoge ist keine gesetzlich geschützte Bezeichnung. Der größte Prozentsatz übt die Genealogie ohne Erwerbsabsicht aus, sie eignen sich das erforderliche Fachwissen im Laufe der Zeit oder im Rahmen von Kursen, z. B. an Volkshochschulen an.
Merken Sie, dass die Digitalisierung von Forschungsdokumenten dazu beiträgt, dass sich junge Menschen für Ahnenforschung interessieren?
Ja, diese Entwicklung ist beachtlich. Begonnen hat sie mit der Onlinestellung der Matriken (Kirchenbücher). Während früher die Erforschung der eigenen Vorfahren ein zeitaufwendiges Hobby für Personen mit viel Tagesfreizeit und Pensionisten war, ist heute die Forschung von zu Hause über PC mit Internetverbindung weitgehend möglich. Dadurch hat sich auch in Änderung in der Forschungscommunity ergeben. Interessant dabei: in der Altersgruppe über 60 dominieren nach wie vor die Männer, während in der Gruppe der 20 bis 40-jährigen die Frauen überwiegen.
“Während früher die Erforschung der eigenen Vorfahren ein zeitaufwendiges Hobby war, ist heute die Forschung von zu Hause übers weitgehend möglich.”
Von wem wird die Digitalisierung vorgenommen?
Die wesentliche Grundlage für die Familienforschung stellen die Matriken der Religionsgemeinschaften dar. Sie beginnen in Österreich in der Regel im 17. Jahrhundert. Bis zum Jahr 1938 als staatliche Aufzeichnungen geführt. 1939 erfolgte in Österreich die Einführung der Standesämter. Vor etwa zehn Jahren wurde mit der Digitalisierung der Matriken der Diözese St. Pölten, Linz und Passau begonnen. Als Plattform diente Matricula. Betrieben wird die technische Infrastruktur vom Diözesanarchiv St. Pölten. Auf der Webseite von FamilySearch, einem Projekt der Genealogical Society of Utah, einer Organisation der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) findet man evangelische, jüdische und Militärmatriken, aber auch viele andere wertvolle Quellen für Familienforscher. Als Einstieg in die Datenbanken bietet sich GenTeam an, ein vom Berufsgenealogen Prof. Felix Gundacker initiiertes Citizen-Science-Projekt. Ein wesentlicher Bestandteil dieser über 20 Millionen Datensätze ist das genealogische Ortsverzeichnis von Österreich, Tschechien, Slowakei, Slowenien und Südtirol mit Angabe der zuständigen Pfarre, des Archivs und des Links zu den Beständen des Archivs auf den vorher genannten Datenbanken. Die Erfassung der Daten erfolgt von einer Unzahl von Freiwilligen, der Zugriff auf die Daten ist nach Registrierung kostenlos möglich.
Wie beginnt man am besten mit der Familienforschung?
Man geht am besten von den Infos der eigenen Geburtsurkunde sowie der Eltern, falls vorhanden auch der Großeltern aus. Es ist zielführend von Beginn an eine grafische Übersicht anzulegen. Zu diesem Zweck kann man sich entsprechende Programme kaufen oder auf einer der Ahnenforschungs-Plattformen online ein Profil bzw. einen Stammbaum anlegen. Am besten fragt man auch gleich bei Verwandten nach, ob sie Urkunden, Dokumente, Parten, Sterbeanzeigen, Fotos oder ähnliches zu Vorfahren besitzen. Diese fotografiert man und beschriftet es sofort. Zielführend dabei ist es die Dateien mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Art des Dokumentes zu bezeichnen. Das Geburtsdatum ist zur Unterscheidung deshalb von besonderer Bedeutung, weil einem bestimmte Vornamen immer wieder begegnen werden. Anschließend kann man anhand der gesammelten Daten in den Kirchenbüchern weiterforschen. Das Erfreuliche dabei ist, dass diese Bücher fast vollständig kostenlos online zur Verfügung stehen. Man beginnt mit dem frühest bekanntem Datum. Ist dies eine Geburt, so sucht man im Taufbuch der zuständigen Pfarre den Geburtseintrag des Kindes. Anhand der Angaben zu den Eltern sucht man deren Daten im Trauungsbuch und anhand dieser Daten sucht man wiederum in einem Geburtenbuch.
Gibt es typische Fehler, die Ahnenforscher am Beginn machen, die zu vermeiden sind?
Ein sehr häufiger Fehler bei Anfängern, der immer wieder passiert, ist der, dass von Sterbeeintrag zu Geburt gesprungen wird. Dies führt unweigerlich zu Fehlern. Oft lassen sich Anfänger zudem durch eine andere Schreibweise des Familiennamens verunsichern. Früher wurden die Namen häufig nach Gehör geschrieben, unterschiedliche Schreibweisen kamen bis ins 20. Jahrhundert vor. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass die in vielen Indizes von Matriken phonetisch sortiert sind, d. h., dass P unter B, T unter D zu finden ist.
Sind Social Media-Plattformen hilfreiche Tools?
Seit vielen Jahren gibt es Ahnenforschung-Mailinglisten wie zum Beispiel Genlist.at und Internetforen. In den letzten Jahren hat die Anzahl der einschlägigen Facebook-Gruppen ein enormes Wachstum zu verzeichnen. Sie stellen gerade für Anfänger, die zu Beginn Schwierigkeiten haben, eine barrierefreie Möglichkeit weiterzukommen dar. Sie erhalten Tipps und Lesehilfe, da gerade bei Anfängern das Lesen der alten Schrift ein Problem darstellt.
Was halten Sie von den DNA-Tests, die auf Stammbaum-Plattformen angeboten werden?
Mittels der DNA-Genealogie können Personen mit genetischen Übereinstimmungen gefunden werden und Fragen beantwortet werden wie: ist der in den Geburtenbüchern eingetragene Vater der leibliche? Vor Überraschungen ist man hier nicht sicher. Deshalb ist es wichtig sich immer vorher zu überlegen, ob man derartige Informationen wirklich haben will bzw. wie man dann mit ihnen umgeht. Ein zweiter Ansatz der DNA-Genealogie besteht in der Herkunftsanalyse, über diese können Rückschlüsse über die Migrationswege der Vorfahren wahrscheinlich überwiegend vor der Völkerwanderung gewonnen werden. Kritisch wird von vielen der Datenschutz betreffend die Weitergabe von persönlichen DNA-Daten an amerikanische oder andere Firmen gesehen. Dies muss sich jeder für sich selbst überlegen.
“Bei der DNA-Genealogie ist man vor Überraschungen nie sicher.”
Wie geht man weiter vor, wenn man an digitale Grenzen stößt?
Das kommt früher oder später vor. Manchmal ist ein Buch verloren gegangen oder man ist bei den ältesten Matriken angelangt, auch führen Matrikeneinträge manchmal zu offenen Fragen. In diesen Fällen ist es notwendig andere Quellen heranzuziehen, dies führt in den meisten Fällen in das zuständige Archiv. Dort vereinbart man einen Termin und gibt vorab an welche Dokumente man einsehen möchte.
Haben Sie im Zuge Ihrer Forschung eine Entdeckung gemacht, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
Eine Vorfahrin meiner Frau namens Maria Barbara Maix, wanderte 1848 mit 21 Gefährtinnen nach Rio de Janeiro aus und gründete dort 1849 die Kongregation der Schwestern vom Unbefleckten Herzen Mariens. Am 6. November 2010 wurde sie seliggesprochen!
Vielen Dank für das Gespräch!
Digital Forschen
> Auf der Webseite der Österreichischen Gesellschaft für Familien- und regionalgeschichtliche Forschung (ÖFR) findet man u. a. Tipps für Anfänger, Lesehilfen für alte Schriften und wichtige Links: oefr.at
> Ortsverzeichnis und genealogische Datenbank: genteam.at
> Kirchenbücher aus Österreich, Deutschland, Luxemburg u. a.: data.matricula-online.eu
> Weltweite Genealogische Datenbank der Mormonen: familysearch.org
> Genealogische Bibliothek der Heraldisch-genealogischen Gesellschaft (Adelsgenealogie, Heraldik, usw.): adler-wien.at
> Historische Zeitungen und Zeitschriften der Österreichischen Nationalbibliothek: anno.onb.ac.at
> Historische Landkarten: mapire.eu
Musikalisches Erlebnis
23. November 2023
Wie Flacons zu Design Pieces werden
Wie Flacons zu Design Pieces werden, wonach das Jahr 2024 duftet: Kathrin Zlousic, Market Director L’Oréal Luxe Austria, und ARA-CEO Dr. Harald Hauke im Talk.
Flacons wurden früher schon oft gerne als wertvolles Design Piece geschätzt und auch nachgefüllt. Welchen Stellenwert hat heute die Verpackung, im Vergleich zum Inhalt?
Kathrin Zlousic: Gerade bei Couture Parfums werden auch heute Flacons zu wahren Schmuckstücken. Schönes Beispiel etwa ist der Prada Duft mit seinem ikonischen Dreieck. Da ist das Design definitiv ein Erfolgsfaktor. Parfums sind ein höchst emotionales Lifestyle-Produkt, es unterstreicht das Lebensgefühl, das man auch präsentieren möchte. Natürlich ist da auch der Flacons ein Statement, das man aktiv wählt. Ein Design-Stück, das man je nach Emotion und Situation aus dem Regal nimmt und verwendet. Und es ist spannend zu beobachten, dass Flacons immer mehr an Wertigkeit gewinnen. Weg von der Schnelllebigkeit, hin zu einem It-Piece, das sogar den ein oder anderen Sammler auf den Plan ruft. Es geht darum, sich zu differenzieren, sowohl mit dem Duft, als auch mit seiner Verpackung. Somit sind Flacons durchaus Erfolgsfaktoren für ein Parfum.
Harald Hauke: Ich denke wie immer im Leben, gibt es nicht die eine Lösung. Viele werden Flacons als Einwegprodukt sehen, andere werden komplett auf Refill und Wertigkeit setzen. Auch wenn ich nicht so viele Flacons wie meine Frau besitze, verstehe ich durchaus die Passion dafür. Genau wie der jeweilige Duft selbst, löst auch der jeweilige Flacon eine Emotion aus. Man wählt ihn, passend zum Anzug. Und es ist auch immer wieder ein gutes Gefühl, wenn man ihm nach Gebrauch mit einem Wurf in den Glascontainer ein zweites Leben schenkt.
29. September 2020
Visionen hautnah
Elisabeth Sandager, Global Brand President der Luxushautpflegemarke Helena Rubinstein, im Talk über Unternehmergeist, moderne Beauty-Wissenschaft und maßgeschneiderten Luxus.
Never give up“, „niemals aufgeben“ lautet ihr Motto. Das trifft sowohl für Elisabeth Sandager selbst zu, könnte aber auch genauso für die Gründerin des Unternehmens gelten, das sie momentan leitet. Die Dänin Elisabeth Sandager ist Global Brand President von Helena Rubinstein. Ähnlich wie bei der Kosmetikpionierin Helena Rubinstein ziehen sich bei Sandager außergewöhnliche Lebensstationen durch ihre bisherige Karriere. Die Mutter zweier Töchter trat 1981 als Produktmanagerin für Lancôme bei L’Oréal ein, dem größten Kosmetikhersteller der Welt. Doch damit gab sie sich nicht zufrieden. Bereits 1988 wurde sie Marketingdirektorin und kurz darauf Vice President Marketing für Europa, Afrika und den Mittleren Osten für das US-amerikanische Kosmetikunternehmen Revlon. Aber es wäre nicht Sandager, wenn sie nicht weiter an ihrer steilen Karriere gefeilt hätte.
21. September 2021
GoldAder
Thomas Ellert steckt das Schmuckgeschäft im Blut. Ein Talk über Marken, Märkte und unerkannte Promis.
Sie sind in einem Familienbetrieb aufgewachsen. Was sind Ihre ersten Erinnerungen an das Schmuckgeschäft Ihrer Großeltern?
Mein Großvater hat 1953 das Geschäft in der Alserbachstraße aufgemacht. Er war gelernter Uhrmachermeister. Seine Geschäftsidee war: Er repariert die Uhren, meine Großmutter ist im Verkauf, und mein Vater macht eine Goldschmiedelehre, um den Schmuck herzustellen.
Also von Beginn an sehr breit aufgestellt?
Ja, und sehr handwerklich geprägt. Mein Vater wurde 1940 geboren, er hatte seinen Goldschmiedemeister als einer der Jüngsten absolviert, er war damals um die 20. Er hat das Geschäft dann 1966 übernommen, und natürlich bin ich im Shop aufgewachsen. Ich war ständig dort, habe in meiner Schulzeit angefangen, mir ein Taschengeld dazuzuverdienen.
Shoppingmalls waren damals neu und cool.
Die SCS wurde 1976 eröffnet, ich war viel im Geschäft meiner Eltern. Ich erinnere mich noch genau, da war ich zehn Jahre alt, und alle Verkäuferinnen hatten zu tun: Eine Kundin kam auf mich zu und wollte eine Uhr um 1.290 Schilling sehen. Die habe ich ihr dann auch verkauft.