Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel erforscht das Glück. Nicht nur am International Day of Happiness (20.3.). Wie man seinen Weg zum Glück findet, verrät dieser Science-Talk.
Wie man sein persönliches Glück findet, welche Faktoren dabei eine wesentliche Rolle spielen und wieso Geld allein wirklich nicht glücklich macht, verrät der renommierte Glücksforscher Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel im Interview.
Prof. Ruckriegel, wer beschäftigt sich mit der Glücksforschung?
Die Glücksforschung (Happiness Research) ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, in dem insbesondere Psychologen („Positive Psychologie“), Soziologen, Ökonomen, Neurobiologen und Mediziner zusammenarbeiten. Sie beschäftigt sich mit Glück im Sinne des Glücklichseins, also mit dem Subjektiven Wohlbefinden, nicht aber dem Glückhaben, also dem Zufallsglück (z. B. Lottogewinn). Die Glücksforschung zeigt, dass das Subjektive Wohlbefinden der zentrale, zusammengefasste Indikator für den Grad der Lebensqualität und somit für eine Politik, die sich an einer Verbesserung der Lebensqualität orientiert, ist. Die Glücksforschung ist daher auch die wissenschaftliche Grundlage für die UN Sustainable Development Goals (die sog. „SDGs“, die 2015 von der UN beschlossen wurden ), für den jährlich erscheinenden (UN) World Happiness Report und für den OECD Better Life Index, der als Grundlage für (wirtschafts-) politischen Empfehlungen der OECD dient. Die Erkenntnisse der Positiven Psychologie, einem Teilgebiet der Glücksforschung, haben mittlerweile auch Eingang in Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge und in die Managementlehre (Stichwort „Positive Leadership“) gefunden.
„Die Glücksforschung zeigt, dass das Subjektive Wohlbefinden der zentrale, zusammengefasste Indikator für den Grad der Lebensqualität ist.“ – Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel
Was versteht man unter Subjektivem Wohlbefinden?
Subjektives Wohlbefinden hat zwei Ausprägungen, und zwar das „emotionale“ und das „kognitive“ Wohlbefinden. Mit emotionalem Wohlbefinden ist die Gefühlslage im Moment gemeint, wobei es im Wesentlichen auf das Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt ankommt (Anhaltspunkt: das Verhältnis von positiv zu negativ sollte mindestens 3:1 betragen). Hier geht es um das Wohlbefinden, das Menschen erleben, während sie ihr Leben leben. Beim kognitiven Wohlbefinden geht es hingegen um den Grad der „Zufriedenheit“ mit dem Leben (Bewertung). Es findet eine Abwägung zwischen dem, was man will (den Zielen, Erwartungen und Wünschen) und dem, was man hat, statt. Es geht also um das Urteil, das Menschen fällen, wenn sie ihr Leben bewerten, wobei es hier entscheidend auf die Ziele ankommt, die Menschen für sich selbst setzen. Ziele sollten realistisch und sinnhaft sein. Emotionales und kognitives Wohlbefinden sind gleichermaßen wichtig, denn beide beeinflussen sich gegenseitig.
„Glück ist eine „Nebenwirkung“ eines gelingenden Lebens.“ – Eckart von Hirschhausen
Eine glückliche Person erfreut sich häufig (leicht) positiver Gefühle und erfährt seltener negative Gefühle im Hier und Jetzt und sieht einen Sinn in ihrem Leben, verfolgt also sinnvolle (Lebens-) Ziele. Dauerhaftes Glück erfordert, dass wir den Weg genießen, der uns zu einem lohnenswerten Ziel führt. Es geht darum, dass wir uns wohlfühlen mit / in unserem Leben. Und dieses Gefühl ist weltweit für alle gleich.
Wann sind wir glücklich?
Wir sind glücklich, wenn wir uns wohlfühlen mit unserem Leben, wenn wir das Gefühl haben, dass das Leben, das wir führen gut und erfüllend ist. Wohlbefinden ist ein Zeichen dafür, dass unser Leben gut läuft. Subjektives Wohlbefinden ist der zentrale Indikator für ein gutes Leben, für eine hohe Lebensqualität. Wenn wir dauerhaft unglücklich sind, d.h. wenn wir eine schlechte Gefühlsbilanz haben und nicht so richtig zufrieden sind in/mit unserem Leben, so sollten wir uns grundsätzlich Fragen, was wir ändern sollten/müssen. Man sollte sich hier auch den Rat anderer einholen.
Was bringt uns Glücklichsein?
Wer etwas dafür tut, glücklicher zu werden, fühlt sich nicht nur subjektiv besser, sondern hat auch mehr Energie, ist kreativer, stärkt sein Immunsystem, festigt seine Beziehungen, arbeitet produktiver und erhöht seine Lebenserwartung. Die medizinische Forschung zeigt, dass glückliche Menschen weniger krank bzw. schneller wieder gesund werden, denn ihr Immunsystem ist nicht so belastet. Die Lebenserwartung von glücklichen Menschen steigt daher deutlich. Unter „Meine Gesundheitskompetenz stärken“ bietet deshalb auch die AOK Bayern Kurse und Seminare auf der Grundlage der Positiven Psychologie im Rahmen der Gesundheitsvorsorge an, in denen es um Wege/Tipps für ein glückliches/eres Leben geht.
„Unser wichtigster Glücksfaktor sind gelingende, liebevolle soziale Beziehungen.“ – Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel
Was macht uns glücklich, was sind unsere Glücksfaktoren?
Die Glücksforschung hat eine Reihe von Glücksfaktoren herausgearbeitet. Unser wichtigster Glücksfaktor sind gelingende, liebevolle soziale Beziehungen (Partnerschaft, Kinder, Familie, Freunde, Nachbarschaft, Arbeitskollegen, …). Wir Menschen sind das sozialste Wesen auf dieser Erde. Gemeinschaft (Zuwendung und Fürsorge) ist ein emotionales Grundbedürfnis für uns. Ein weiterer Glückfaktor ist unsere psychische und physische Gesundheit. Es lohnt sich also, gezielt etwas für die Gesundheit zu tun (Konsum- und Ernährungsverhalten, Bewegung). Eine bedeutende Rolle beim Glücklichsein spielen auch Engagement und eine erfüllende Tätigkeit. Wir haben ein Grundbedürfnis nach sinnhaftem Tun und Wertschätzung/Anerkennung. Unserem Berufsleben kommt hier eine wichtige Rolle zu. Wir verbringen einen Großteil unserer Zeit in der Arbeit. Es kommt darauf an, dass wir einen Sinn in dem was wir tun sehen. Damit ist gemeint, dass unsere Arbeit auch für andere, für unsere Gesellschaft nützlich ist, einen greifbaren Nutzen hat. Es kommt aber auch das Betriebsklima, auf unser Verhältnis zu KollegInnen und Vorgesetzten an. Wir wissen etwa aus den Ergebnissen des Gallup Engagement Index, dass es hier insbesondere das Verhalten des unmittelbaren Vorgesetzten wichtig ist, es geht um Positive Leadership.
„Wir haben ein Grundbedürfnis nach sinnhaftem Tun und Wertschätzung sowie Anerkennung. Das ist ein wesentlicher Glücksfaktor.“ – Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel
Wie wichtig sind Freiheit und Geld für unser Glück?
Auch brauchen wir ein gewisses Maß an persönlicher Freiheit. Wir haben ein Grundbedürfnis nach einem Mindestmaß an Kontrolle über unsere Umwelt. Wir brauchen das Gefühl, auf unser Leben Einfluss zu haben, d.h. selbstwirksam zu sein. Wichtig sind auch die Einstellungen, die wir haben: Sind wir optimistisch, sind wir dankbar, …? Schließlich brauchen wir genug Einkommen, um unsere materiellen Grundbedürfnisse zu decken und eine soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben jetzt und im Alter zu ermöglichen (finanzielle Sicherheit). Wir wissen aus der Glücksforschung aber auch, dass — nachdem die materiellen Grundbedürfnisse abgedeckt sind und eine soziale Teilhabe möglich ist — mehr Geld/Einkommen (Wohlstand) das Subjektive Wohlbefinden kaum mehr erhöht. Sind die materiellen Grundbedürfnisse gedeckt und ist eine soziale Teilhabe möglich, so ist eine Fokussierung auf das Materielle nicht mehr zweckdienlich für eine glückliches Leben, da Gewöhnung und Vergleich dem entgegenwirken. Man sollte sich diese beiden Effekte stets bewusst machen und sich vor diesem Hintergrund genau überlegen, wofür man seine Zeit verwendet.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person
Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fakultät Betriebswirtschaft der TH Nürnberg. Er berät zahlreiche Unternehmen und Organisationen sowie die Politik darin, wie sie die Erkenntnisse der interdisziplinären Glücksforschung umsetzen können. Außerdem hält er Vorträge und gibt Workshops zum Thema Glücksforschung.
www.ruckriegel.org
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