Die Berliner Designerin Elisa Strozyk vereint in ihren „Wooden Textiles“ textile Flexibilität mit skulpturaler Holzgestaltung und definiert damit die Grenzen von Material, Kunst und Handwerk neu.
Seit mehr als einem Jahrzehnt revolutioniert Elisa Strozyk die Designwelt mit ihrer Materialalchemie. Ihre „Wooden Textiles“ – ein Hybrid aus Holzmodulen und Textil – schmücken heute Luxusboutiquen, Galerien wie die Salon Design in Zusammenarbeit mit Fotografin Sarah Lee und ab 2025 den Hermès-Store Berlin. „Die Erkenntnis, dass sich das Prinzip von Textil auf andere Kategorien und Materialien übertragen lässt, und die Freiheit zu experimentieren, haben mich ermutigt, mit Holz zu arbeiten und das Wooden Textile zu entwickeln“, resümiert Elisa ihren Masterstudiengang „Future Textiles“ am Central Saint Martins in London, im Zuge dessen sie die Anwendung textiler Techniken auf technische Lösungen für die Flugzeugkonstruktion oder künstliche Organe kennenlernen durfte.
Vom Webstuhl zur Materialvision
Zu Elisas Ausbildung gehörte auch das Know-how traditioneller textiler Techniken wie das Weben am Webstuhl. Ihr Werdegang liest sich entsprechend als Dialog zwischen Handwerk und Zukunftsvision und führte sie letztlich zur Frage: „Was, wenn Holz die Anmutung von Stoff hätte?“ Herauskam ein Material, das Kategorien sprengt – hart, doch beweglich; organisch und dabei geometrisch präzise. „Jedes Element wird von Hand gesetzt – diese Langsamkeit ist mein Statement gegen die Wegwerfgesellschaft“, sagt Elisa. Selbst schon immer begeistert von Materialien und Oberflächen, die sich angenehm anfühlen, steht in Elisas Arbeit der Tastsinn oft im Mittelpunkt: „Beim Wooden Textile geht es mir insbesondere darum, das Material Holz auf eine neue Weise haptisch erlebbar zu machen. Wir sind es gewohnt, Holz im festen Zustand zu berühren. Mir schwebte eine Oberfläche vor, die fließend und beweglich ist – wie ein Textil.“
Tactile Philosophy in 3D
In ihrem Studio arbeitet Elisa wie in einem Forschungslabor: Die ORI — Collection, ein Raumteiler aus gefaltetem Wooden Textile, ist inspiriert von Origami und schimmert je nach Lichteinfall metallisch. Die Ceramic-Mirrors zeichnen sich durch Keramikoberflächen aus, auf denen Glasurströme eingefrorene Bewegungsspuren zeigen – „wie geologische Schichten der Zeit“. Bei Woven-Glass handelt es sich um Glasstreifen, die im Ofen vorgebogen und anschließend zu textilen Lichtskulpturen verwoben werden. „Es geht in vielen meiner Arbeiten um Materialien und ihren physikalischen Zustand. An Keramik und Glas interessiert mich, dass sie sowohl flüssig als auch fest werden können“, erklärt Elisa.
In Würde altern
Nachhaltigkeit bedeutet für Elisa, Objekte zu schaffen, die man lieben lernt, statt sie zu ersetzen. Mit Projekten wie der „Miss Maple“-Pendelleuchte, deren Holzgitter tagsüber als Skulptur, nachts als Lichtquelle fungiert, beweist sie: In ihrer Welt ist jedes Material ein Chamäleon – und jede Berührung eine Entdeckungsreise. Eine emotionale Bindung zum Objekt und damit ein (gemeinsames) Altern in Würde zu ermöglichen, ist eines von Elisas Anliegen: „Ich habe meine Arbeiten gerade auf der Messe Maison & Objet in Paris gezeigt. Es war toll, das direkte Feedback der Menschen zu erleben, wenn sie das Wooden Textile zum ersten Mal sehen. Man erwartet nicht, dass ein so bewegliches Material aus Holz sein könnte. Diese Überraschungsmomente und die Wertschätzung der der Handarbeit schätze ich sehr.
„Ich selbst bin immer wieder begeistert von Materialien und Oberflächen, die sich gut anfühlen. Daher arbeite ich am liebsten mit Holz, Keramik und Glas.“ – Elisa Strozyk
Woher gewinnt Elisa Strozyk ihre Inspiration?
Drei Antworten der Designerin
Besondere Orte
Im vergangenen Jahr durfte ich an der von Alice Liechtenstein kuratierten Gruppenausstellung „Wood Land“ im Schloss Hollenegg teilnehmen. Die Designer:innen hatten sich in vielfältigen Ansätzen mit dem Material Holz beschäftigt – ein bereichernder Austausch. Das Schloss Hollenegg selbst wirkt wie eine Wunderkammer: Jeder Raum zeigt kunstvoll gestaltete Möbel und Designobjekte aus unterschiedlichen Epochen. Ich habe, inspiriert von Farben und Mustern der Fliesen im Schlossbad, ein Wooden Textile speziell für diesen Ort entworfen.
Blick in die Natur
Eine weitere Inspirationsquelle für meine Arbeit sind natürlich gewachsenen Formen und Strukturen. Ich arbeite viel mit Holz und bin immer wieder fasziniert von dessen vielfältigen Erscheinungsformen, was eine bestimmte Farbigkeit und Struktur oder einzigartige Maserung anbelangt.
Fernweh trifft Handwerk
Ich liebe es zu reisen, um die Handwerkstraditionen und Kulturtechniken verschiedener Länder kennenzulernen. Besonders beeindruckt mich Asien – wie das Foto aus Bangkok zeigt: Ich bin immer wieder begeistert von der aufwendigen Ornamentik und handwerklichen Präzision der unterschiedlichen Kulturen.
Kurzinterview
Drei Fragen an Elisa Strozyk
Kunst, Design oder Handwerk?
„Der künstlerische Aspekt meiner Designs ist Funktion: Meine Arbeiten sollen überraschen, begeistern und das Einzigartige betonen. Für Wooden Textile wird jedes Holzdreieck manuell platziert und mit dem Trägerstoff verbunden – dieser zeitintensive Prozess prägt die Werke. Die handwerkliche Präzision macht das Design als maschinell unnachahmbares Unikat erkennbar, was seinen besonderen Wert unterstreicht. Mir liegt daran, dass meine Stücke nicht nur visuell wirken, sondern auch haptisch erlebbar sind. Als funktionale Kunst im Wohnbereich dienen sie beispielsweise als Tagesdecken, Leuchten, Vorhänge oder skulpturale Möbelstücke. Auch bei Keramikprojekten wie Side-Tables oder Spiegeln bleibt jedes Objekt ein handgefertigtes Einzelstück.“
Wie kann man sich den kreativen Prozess vorstellen?
„Die ORI-Kollektion verbindet beispielsweise Origami-Prinzipien mit innovativem Wooden Textile: Das flexible Hybridmaterial ermöglicht stabilisiert durch Metallstrukturen ein papierähnliches Falten von Holz. So entstehen plastisch geformte 3D-Oberflächen mit facettenreichem Lichtspiel für Designleuchten und architektonische Raumtrenner. Die Gradient Collection basiert hingegen auf handgefärbtem Holz mit präzisen Farbverläufen. Transparente Trägermaterialien lassen die Holzapplikationen schwebend und durchscheinend wirken.“
Woran arbeitest du aktuell?
„Aktuell entwerfen wir die Gestaltungskonzepte für den Hermès-Store in Berlin. Da die meisten meiner Projekte im Ausland realisiert werden, habe ich nur selten die Möglichkeit, meine fertig umgesetzten Arbeiten vor Ort zu erleben. Umso mehr freue ich mich, dieses Mal ein Projekt in meiner Heimatstadt Berlin begleiten zu dürfen.“
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