Corinna Heilman, Programmdirektorin Word Design Capital 2022, präsentiert ihr Valencia. Ein Gespräch über Chancen und Sonderfälle.
Das Konzept Welthauptstadt des Designs geht im Falle von WDC 2022 über das bloße Kreieren von Produkten hinaus. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von Design eines Lebensstils. Was genau meinen Sie damit?
Im Falle Valencias sind es viele unterschiedliche Dinge, die diese Stadt so einzigartig machen. Valencia ist überschaubar, aber doch überraschend, dynamisch, mit unzähligen Möglichkeiten Kopf, Körper und Geist vielfältig anzuregen. Angefangen von der gesunden, frischen, mediterranen Ernährung, über die überschaubare Größe der Stadt selbst, die einfach mit dem Fahrrad durchkreuzt werden kann. Selbst im Winter kann man hier noch im Freien sitzen. Unser langer Park, der sich mit fantastischen Grünanlagen durch die Stadt zieht, ist die „Lunge“ der Stadt. Ideal für Sportler, Familien, ältere Menschen — es ist egal wo du in der Stadt wohnst: immer wieder kommst du an dem ehemaligen Flussbett vorbei, wo alles nur für das Wohlbefinden der Einwohner entworfen wurde.
Der neun Kilometer lange Park Jardín de Turia und Calatravas “Stadt der Künste und Wissenschaften” sind das Rückgrat der jüngeren urbanen Entwicklung Valencias. Warum hat sich die öffentliche Stadtplanung hier besser durchgesetzt als in vielen anderen Städten?
Die Gärten wurden ja schon 1986 eingeweiht. Der Cabecera Park und der Bioparc grenzen im Westen an die riesigen Gärten und die futuristische Stadt der Künste und Wissenschaften auf der gegenüberliegenden Seite, nahe der Flussmündung. All diese Jahre wurden Teile der Gärten weiterentwickelt und viele Designer und Architekten haben über die Jahre dazu beigetragen. So gibt es etwa jetzt einen riesigen Gulliver-Park, wo Kinder auf die Finger, Haare und Beine einer 70 Meter hohen Liegefigur klettern, und wie Liliputaner herunterrutschen können. Der bekannte Architekt Ricardo Bofill entwarf wiederum nahe dem noblen Palau de la Música einen Teil des Gartens, mit Orangen- und Palmenbäumen. Vom Landwirtschaftsministerium stammt der Abschnitt des „Urban Forest“ wo Tausende von Kiefern aufgestellt wurden. Und den letzten Abschnitt dieses grünen Flusses bildet schließlich die Stadt der Künste und Wissenschaften, der von Santiago Calatrava entworfene Kulturkomplex. Um auf ihre Frage zurückzukommen: Stadtplanung hat sich hier durchgesetzt, weil sie jedes Mal mit professionalen Architekten und Designern und Landschaftsarchitekten zusammengearbeitet hat, und mit dem erklärten Ziel, die Lebensqualität der Einwohner Valencias zu verbessern.
Taugt Valencia generell als Role Model für urbane Entwicklungen?
Das Kuriose an den Valencianern ist, dass sich nie jemand herausnehmen würde, das Role Model von irgend etwas zu sein. Oder anderen zu sagen, wie man etwas machen sollte. Sie machen einfach.
Valencia steht für alte Handwerkstraditionen. Inwieweit spielen diese im Kontext der WDC eine Rolle?
Wo Handwerk ist, da ist auch Design. Regionen die traditionell immer vom Handwerk gelebt haben, verfügen nun über zeitgenössische Industrie und Handwerkskunst, über Design und Kunst, Technologie und transformative Wirtschaft. Im WDC-Programm finden sich über hundert Projekte, welche die erfolgreiche Art und Weise, wie wir Dinge tun und verändern, herausstreichen. Handwerk ist der Ursprung der weltweit bekannten Valencianischen Möbel, der Textilproduktion, der Schuhhersteller, Keramik- oder Beleuchtungsindustrie. Ein Highlight des Tributs an unser Handwerk ist die Agora auf dem Rathausplatz. Hier spiegeln bereits die verwendeten Materialien und die räumliche Umsetzung wider, was Tradition und Avantgarde, Handwerk und Industrie miteinander verbindet: Unter folgenden Links finden sich nähere Infos dazu: Agora Valencia, Keramik Design, Projekte
“Wo Handwerk ist, da ist auch Design.”
Das von Ihnen kuratierte WDC-Programm ist ambitioniert und umfassend. Was sind die wichtigsten Highlights?
Uff, das kommt darauf an. Für mich persönlich sind die Highlights jene Elemente, die das „Legacy- Programm“ ausmachen. Also all jene Events und Projekte, die auch den nachbleibenden Generationen dienen und nützen werden.experiencevalenciafest.com war wiederum Valencias erstes Design Festival, und schon eine Woche danach kamen Anfragen aus ganz Europa, ob es dieses Festival auch nächstes Jahr wieder geben wird. Unsere Antwort lautet: „Natürlich“. Das gilt auch für designpolicyconference.com oder „Future of Fashion“, ein Ausbildungs- und Veranstaltungsprogramm für junge Designer aus ganz Europa, welches 2023 weiterlaufen wird.
Veranstaltungen spielen eine besondere Rolle. Liefern da Anrainer und die Bewohner Valencias den entscheidenden Input?
Wir haben in unserem lokalen Programm monatlich zwanzig bis dreißig Veranstaltungen, dieses kommen vorwiegend aus der lokalen Design Community. Dann gibt es das „Signature event“ Programm mit dem wir hauptsächlich Europas professionelle Design Community ansprechen. Bei “Experience” zum Beispiel nahmen mehr als 1.000 Teilnehmer aus 34 Ländern teil.
“Valencia hat die Chance und Pflicht, als World Design Capital 2022 das Stadtbild zu harmonisieren.”
Welche WDC-Projekte zeigen exemplarisch wohin die Reise der World Design Capitals hingehen soll?
Als Ergebnis der Bemühungen, das aktuelle Stadtbild zu harmonisieren, spricht man von “Chance” ebenso wie von einer “Pflicht”, die Valencia hat, nachdem es zum World Design Capital 2022 gekürt wurde. Der Stadtrat von Valencia hat die Einrichtung eines Design Councils angekündigt, der voraussichtlich noch 2022 seine Arbeit aufnehmen wird. Er wird für die Harmonisierung des Stadtbildes und des öffentlichen Raums der Stadt verantwortlich sein, die grafischen und visuellen Kriterien der Institution vereinheitlichen, um die Lebensqualität der Bevölkerung zu verbessern. Und natürlich wäre es toll, in das UNESCO-Netz der Hauptstädte des Designs aufgenommen zu werden, um gemeinsam mit den anderen Städten zu arbeiten.
Haben Sie einen besonderen Lieblingsort in Valencia?
Sehr gute Frage, denn der ändert sich ständig! Im Moment ist es die gesamte Gegend von der „Marina de València“ – der Stadthafen. Tolle Restaurants, viel Leben, direkt am Wasser und es gibt immer etwas zu tun oder zu entdecken.
Vielen Dank für das Gespräch!
Infos zur Word Design Capital 2022 unter wdcvalencia2022.com
08. Juni 2023
International African American Museum, Charleston
Im Süden der USA öffnet das IAAM.
Where the hell is …? Antwort: Tief im Süden der USA. Die schmucke Hafenstadt mit den pastellfarbenen Strassenzeilen hat als Southern Belle der Ostküste hierzulande vielleicht noch Geheimtipp-Status. Aber ein neues Museum macht von sich reden. Es ist das prominent am Gadsden’s Wharf gelegene International African American Museum (IAAM) das dieses Jahr öffnen soll. Die Lage ist bewusst gewählt, wurden hier während der Zeit des Sklavenhandels doch über 100.000 AfrikanerIinnen an Land gebracht. Davon berichten nun die einzelnen Ausstellungsbereiche: Rotts and Routes, Carolina Gold and South Carolina Connections, und American Journeys decken die emotional aufgeladene Geschichte der afroamerikanischen Realität im Laufe der Jahrhunderte ab.
14. September 2021
Transformation und Bewahrung
Zwischen Deckenfresken und Designerlampen – das Hotel Pacai in Vilnius.
Als leidenschaftliches Projekt eines Teams aus lokalen Architekten und Designern rund um Saulius Mikštas ist das Hotel Pacai, das 2018 in Vilnius eröffnete und das erste Design Hotel™ des Baltikums ist, auf Gastlichkeit und kulturelle Authentizität ausgerichtet. Beim Umbau wurde darauf geachtet, so viele architektonische Details wie möglich zu erhalten, darunter den Innenhof, die Bögen sowie Originalfresken. Zahlreichen Türen, die nach der Übernahme des Gebäudes durch die einflussreiche Pacai-Familie im 17. Jahrhundert zugemauert wurden, wurde wieder neues Leben eingehaucht. Besonders in den Heritage- und Signature-Suiten können Gäste die altehrwürdigen Mauern in ihrer ganzen Pracht erleben, ohne auf modernes Design und luxuriöse Annehmlichkeiten verzichten zu müssen.
07. August 2023
The Manchester Museum
Eine erlebbar Investition in die Zukunft.
Fünfzehn Millionen Pfund hat sich Manchester den jüngsten Umbau des Manchester Museum kosten lassen – und verweist auf eine Investition in die Zukunft. Genau darum geht es beim Projekt „Hello Future“ dann auch. Bislang stand hier die Erzählung rund um die einstige Weltmacht Großbritannien im Mittelpunkt. Doch man muss kein Hellseher sein, um in Zeiten eines zunehmend aggressiven geführten Wettbewerbs zwischen westlichen Demokratien und aufstrebenden Weltmächten wie China den Wert eines tieferen Verständnisses unterschiedlicher Kulturen zu erkennen. Genau darauf zielen die neue Belonging Gallery, die Lee Kai Hung Chinese Gallery und die South Asia Gallery ab. Wobei ein gemeinsames Ziel ganz besonders herausgestrichen wird: Nämlich die Schaffung einer nachhaltigeren Welt.
Style & Trend — Februar 2024
Retro Revival: Der Walkman ist zurück
Das Unternehmen FiiO verleiht dem Kassettenspieler mit ihrem CP13 neuen Glanz
Food & Drink — Juni 2023
Frisch und Fisch
Der Orient Express sticht in See, Kunst ist unser Bier und Kitzbühel hat neuen Biss.
Art & Culture — Juni 2023
Theater-und Tanzfestival in der Provence
Avignon als pulsierendes Kunstzentrum.