Design, das Geschichten erzählt: Wie Muza Lab Tradition und Moderne in einer neuen Ästhetik für Yachten und Hotels vereint.
Projekte wie das Six Senses Southern Dunes in Saudi-Arabien zeigen die Liebe zum Detail, mit der das Studio Muza Lab Interiorprojekte bearbeitet. Im Ergebnis bedeutet das die Verbindung von nachhaltiger Architektur mit der reichen Geschichte der Nabatäer oder – wie im Fall des One&Only Aesthesis in Athen – die Verknüpfung von moderner Eleganz mit griechischer Tradition und natürlichen Elementen. Im Interview gewähren Inge Moore und Nathan Hutchins Einblicke in ihr Verständnis von Design.
Welche kulturellen Elemente haben Sie bei der Gestaltung der Hotelzimmer des Six Senses Southern Dunes inspiriert, und wie haben Sie diese in das Design integriert?
Inge Moore: Wir haben in Saudi-Arabien eine so eindrucksvolle Kulturgeschichte vorgefunden, die ja auch von den Handelsrouten stark geprägt wurde. Das hat sich für uns als wahre Inspirationsquelle gezeigt. Das kulturelle Erbe findet sich beispielsweise in den Details der Möbel, handgefertigten Accessoires und arabischen Bronzeelementen wieder – dabei haben wir uns nicht nur auf die Region beschränkt. Durch den Handel wurden hier seit jeher Dinge getauscht und Waren aus fremden Ländern umgeschlagen. Das zeigt sich auch in der Gestaltung des Six Senses Southern Dunes – zeitgemäße Akzente inklusive.
Nathan Hutchins: Davon abgesehen finden wir unseren Zugang oft auch in einzelnen ersten Worten. Dann recherchieren wir und sehen, wie wir diese nutzen können. Dabei geht es aber weniger um die Worte an sich als vielmehr um die Emotionen, die diese in uns wecken können. Das Gleiche gilt für die Designelemente, die wir letztlich verwenden.
Inge Moore: Genau. Es ist uns sehr wichtig, unsere Auftraggeber persönlich zu kennen oder kennenzulernen. Es geht uns um die Erzählung und um das Erleben – schließlich wollen wir bleibende Erinnerungen schaffen.
Inwiefern spiegeln sich die lokale Kultur und das Erbe von Athen im Design des One&Only Aesthesis wider?
Nathan Hutchins: Wie für die französische Riviera gelten die 1950er-Jahre auch für Athen als eine goldene Ära, die geprägt war von Glamour und einem aufstrebenden Lebensstil. Diesen Geist wollten wir durch das One&Only Aesthesis einfangen.
Inge Moore: Das Resort verbindet die Eleganz der 50er-Jahre mit modernem Luxus. Wir haben bewusst modernistische Möbel eingesetzt, aber auch lokale Materialien wie weißen Marmor und Holz, um eine authentische griechische Atmosphäre zu schaffen. Der Glamour und die harmonische Verbindung von Natur und Mid-Century-Ästhetik stehen dabei im Mittelpunkt..
Nathan Hutchins: Griechenland ist sozusagen zurück auf der Weltbühne – und das One&Only Aesthesis eine Reminiszenz an diese Ära – aber auf eine zeitgemäße Art und Weise.
Welchen besonderen Herausforderungen mussten Sie sich bei der Neugestaltung des One&Only Cape Town stellen, insbesondere im Hinblick auf die Einbeziehung lokaler Materialien und Handwerkskunst?
Inge Moore: Jeder Markt bringt eigene Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich. In diesem Fall durften wir für die Möbel mit lokalen Künstlern zusammenarbeiten, die mit traditioneller Handwerkskunst wunderschöne Stücke geschaffen haben.
Nathan Hutchins: Da hatten wir natürlich Glück, dass Inge aus Südafrika stammt. Sie kennt das Land sehr gut, hat dort viele Kontakte. Man muss einen Ort fühlen, ihn bereisen, mit den Menschen ins Gespräch kommen. Das tun wir bei all unseren Projekten.
Inge Moore: Manche dieser neuen Bekanntschaften nehmen wir sozusagen auch mit zu anderen Projekten – in diesem Fall war das ein wahnsinnig begabter Maler aus Kapstadt, mit dem wir auch in Marokko zusammengearbeitet haben.
Nathan Hutchins: Solche Prozesse sind immer sehr spannend – es geht darum, neue Leute zu finden und zu treffen – jeder arbeitet mit eigenen Techniken. Uns macht es großen Spaß, diese verschiedenen Ansätze zu mischen und etwas Einzigartiges zu kreieren.
Unterscheidet sich der Designprozess für die MY Marala Classic Yacht von anderen Gestaltungsaufgaben?
Inge Moore: Generell gar nicht so sehr. Das Team ist vielleicht ein etwas anderes. In diesem Fall sind alle Teppiche Sonderanfertigungen und wir konnten sehr klassische Accessoires verwenden.
Nathan Hutchins: Da es sich um eine klassische Yacht handelt, sollte auch das Design sehr klassisch sein. Das ist nicht so einfach: Man findet auf einem solchen Boot keine geraden Linien, nur mindestens zweifach gekrümmte Flächen. Das ergibt äußerst interessante Wahrnehmungen der Räume – auch wenn es eine Herausforderung war, sich daran zu gewöhnen. Dafür konnten wir wirklich coole Details realisieren und viel experimentieren. Unser Ziel war es, das Gefühl der 1930er auf authentische Weise wieder aufleben zu lassen.
Inge Moore: Mit so geschichtsträchtigen Objekten zu arbeiten, ist immer spannend. Die Handwerker und wir waren ein großartiges Team – gemeinsam haben wir an Bord immer wieder Dinge entdeckt, von denen wir nie geglaubt hätten, so etwas zu finden …
Wie sind Sie bei der Gestaltung des Belmond Andean Explorer vorgegangen, um ein luxuriöses und komfortables Reiseerlebnis zu schaffen?
Inge Moore: Als wir zum ersten Mal Bilder von den Waggons gesehen haben, ging es um einen typischen altmodischen Luxuszug – in Knallrot. Das war uns eindeutig zu viel. Unser Ziel bestand darin, das Design zu beruhigen. Also haben wir erst einmal alle Holzelemente in hellen Farbtönen übertüncht. Darüber hinaus wollten wir mit lokal inspirierten Akzenten und hochwertigen Textilien für die Ablagen Ruhe in den Raum bringen. Platz zum Atmen und zum Nachdenken – und natürlich die Freiheit, die Aussicht zu genießen.
Nathan Hutchins: Wir haben uns im Inneren bewusst sehr zurückgehalten, um dem Außen nicht die Show zu stehlen. Kleine Details wie wohldurchdacht platzierte Haltegriffe oder platzsparende Klappmöbel waren uns besonders wichtig. Das ist bei all unseren Projekten so: Ob man im Hotel an der Bar sitzt oder im Zug reist – unser Design muss praktisch und bequem sein. Es geht uns darum, wie sich der Gast im Raum fühlt.
Inge Moore: Das stimmt. Jedes Projekt bringt gewisse Beschränkungen mit sich. Wir lieben diese Herausforderungen. Eine Hausbar muss beispielsweise auch in einer kleinen Wohnung funktionieren, nicht nur in der Luxus-Suite mit schier grenzenlosen Möglichkeiten.
Wie beeinflussen die Geschichte und das Erbe eines Ortes Ihre Designentscheidungen im Allgemeinen?
Inge Moore: Mit dem Six Senses Southern Dunes haben wir einen neuen Markt erschlossen. Das Briefing des Auftraggebers lautete, die Region in den Mittelpunkt zu stellen, die Schönheit des Landes und der Kunst zu feiern und Kapstadt weltweit bekannt zu machen.
Nathan Hutchins: Viele unserer Kunden kommen zu uns, weil sie sich ein Projekt wünschen, das einzigartig im Design und unverwechselbar mit dem Ort verbunden ist. Wir haben nicht den einen Look, den großen Baukasten, aus dem wir uns nach Belieben bedienen. Wir kreieren für jeden Ort und jeden Menschen ein eigenes Feeling.
„Ob man im Hotel an der Bar sitzt oder im Zug reist – unser Design muss praktisch und bequem sein. Es geht uns darum, wie sich der Gast im Raum fühlt.“ – Nathan Hutchins, Mitbegründer von Muza Lab
Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei Ihren Projekten?
Nathan Hutchins: Nachhaltigkeit kommt für uns in vielen kleinen Dingen zum Ausdruck, beispielsweise im Hinblick auf die Bestandteile aller Produkte, die wir für ein Projekt verwenden. Wir setzen auf natürliche Materialien, die frei von Chemikalien sind und sich in den Wertstoffkreislauf zurückführen lassen. Das Six Senses Southern Dunes setzt beispielsweise auf Solarenergie, auch die Minimierung des Wasserverbrauchs ist stets eine wichtige Sache – vor allem im Wüstenklima. Unser Ziel ist es daher immer, so nachhaltig wie möglich zu agieren.
Inge Moore: Die Anforderungen sind auch aufgrund der Verortung der Projekte immer anders. Beim One&Only Aesthesis war Nachhaltigkeit ein zentrales Element, wie Zertifizierungen wie LEED und SITES belegen. Generell setzen wir auf Partnerschaften und enge Beziehungen in einem fantastischen Netzwerk.
Nathan Hutchins: Das Wichtigste sind am Ende die Langlebigkeit und die Möglichkeit der Wiederverwendung. Das haben auch viele Hersteller erkannt. Die Recherche von nachhaltigen Produkten und Materialien bedeutet viel Arbeit – wir genießen hier den Vorteil, ein Studio in London zu haben: alle Marken sind hier, sie bringen die Dinge zu uns und wir bauen Beziehungen auf. Das passiert auch an anderen Orten, wie in Mailand: man lernt neue Leute kennen, und das Netzwerk wächst.
Wie gelingt es Ihnen, bei jedem Ihrer Projekte ein Gleichgewicht zwischen modernem Luxus und der Integration traditioneller Elemente zu finden?
Inge Moore: Wir arbeiten nicht nach dem Prinzip “copy and paste”, alles muss sich fügen, man soll sich wohlfühlen. Es geht darum, ein Auge dafür zu haben, die richtigen Stücke zu finden und zu kombinieren. Wir versuchen oft auch, Dinge neu und anders zu sehen, oder verschiedene Stilrichtungen zu mischen.
Nathan Hutchins: Ich bin kein Fan von Räumen, die sich fix fertig präsentieren. Es geht doch darum, Dinge zu sammeln. Sei es der 30 Jahre alte Lieblingsstuhl oder das Erbstück der Großmutter – frei nach dem Motto „Mix & Match“. Wir wollen bei unserer Arbeit Spaß haben, wir suchen die Herausforderung und lieben es, uns inspirieren zu lassen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Muza Lab im Fokus
Inge Moore und Nathan Hutchins haben sich mit ihrem Londoner Boutique-Designstudio Muza Lab auf die Kreation von Räumen spezialisiert, die Geschichten erzählen und Emotionen wecken sollen. Inspiration findet das Duo in der Landschaft und im kulturellen Erbe der jeweiligen Orte. Der kreative Prozess umfasst stets eine experimentelle Annäherung – oft in engem Austausch mit lokalen Handwerkern und Künstlern. „Unser Ziel ist es, Räume zu gestalten, die bleibende Erinnerungen schaffen und Emotionen wecken.“ Die Bandbreite der Arbeiten reicht dabei von Produktdesign über Styling bis hin zu umfassenden Raumkonzepten.
muzalab.com
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