In der Welt des Genusses gibt es kaum etwas Wichtigeres als das richtige Glas. Umso spannender ist es, wenn zwei Experten wie Harald Hauke von der ARA und Eugen Lamprecht, Geschäftsführer von Schlumberger, sich über ihre Vorlieben und Philosophien austauschen.
Ein Talk mit Lisi Brandlmaier.
Welches Trinkglas ist Ihr Favorit und warum?
Hauke: Ich persönlich verwende grundsätzlich gern große Gläser, egal für welches Getränk. Sie sehen einfach schön aus und meiner Ansicht nach schmeckt der Inhalt auch besser.
Lamprecht: Bei mir sind es drei unterschiedliche Gläser, die wir zu Hause nutzen – ein Weißweinglas, ein Burgunderglas und ein größeres Bordeauxglas. Ich habe kein spezielles Spirituosenglas, da ich selbst kaum Spirituosen trinke. Je nachdem, welchen Wein ich genieße, greife ich zu einem dieser Gläser.
Warum kein explizites Sektglas?
Lamprecht: Weil ich Schaumweine sehr gern aus Weißweingläsern trinke! Wenn der Schaumwein kräftig oder gereift ist, nehme ich auch mal ein größeres Glas. Da neige ich eher zum Burgunderglas als zum Bordeauxglas.
Und wie sieht es aus mit dem Oldie but Goldie unter den Gläsern, der Champagnerflöte?
Hauke: Ich trinke auch Champagner aus Champagnerflöten sehr gerne und daher haben wir zu Hause auch ein paar wirklich schöne, ganz feine, hohe. Für mich macht es einen enormen Unterschied, ob ich einen Wein aus einem großen dünnen oder aus einem dicken gepressten Glas trinke. Es ist ein ganz anderes Trinkgefühl.
Lamprecht: Man neigt ja dazu den Leuten Vorschriften zu mache, wie sie zu essen haben, was sie zu essen haben, aus welchem Glas sie zu trinken haben. Und mittlerweile wird da auch eine große Wissenschaft daraus gemacht. Es gibt unzählige Gläser in den unterschiedlichsten Ausführungen und ich merke, dass man oft schon fast das Gefühl hat, etwas falsch zu machen, wenn man nicht das „korrekte“ Glas für die jeweilige Rebsorte verwendet. Da hat man es in Sachen Knigge in einer bestimmten Art und Weise übertrieben finde ich. (Lacht) Für mich gilt nach wie vor die Prämisse, dass man das Glas nehmen sollte, mit dem man sich am wohlsten fühlt (insbesondere zu Hause bei sich) und das mag anlassbezogen sein.
So weiß zum Beispiel jeder, wenn man auf etwas anstoßen möchte, dass der Klang des Glases relevant und gar essenziell ist. Große, feinwandige Gläser, die vielleicht den Wein perfekt zum Ausdruck bringen, sind aber zum Anstoßen nicht geeignet. Wenn ich etwas zelebrieren will. Und deshalb sagen wir als Haus Schlumberger schon grundsätzlich: Trinkt Sekte gerne in einem Weißweinglas, weil dort der Wein per se besser zum Ausdruck kommt, beim Anstoßen aber dann eher nicht zu dünnwandige Gläser verwenden.
Hauke: Das stimmt, wenn man aus Champagnerflöten trinkt und nicht zu viel einschenkt, ist das ein extrem schöner Klang. Während ein großes dünnes Glas oft dumpf klingt. Der Klang beim Anstoßen ist wesentlich, weil es für mich auch die Vorfreude auf den ersten Schluck ist.
Beeinflusst das Aussehen des Glases den Geschmack des Inhalts?
Hauke: Unterbewusst schon.
Lamprecht: Definitiv und es gibt auch Studien dazu, dass die Art und Weise, wie eine Speise angerichtet ist oder wie etwas serviert wird, sich unmittelbar auf die Empfindung auswirkt. Beim Wein ist es auch von großer Relevanz, wie die Flüssigkeit auf die Zunge trifft. Also, ob sie weiter vorne oder weiter hinten auftrifft und wie groß die Menge ist. Dies wirkt sich dann nämlich sofort auf Geschmack und Geruch aus. Es macht also sehr wohl einen wahrnehmbaren Unterschied für den Geschmack, welches Glas ich verwende.
Merken Sie einen Trend im Bereich Glas?
Lamprecht: Ich würde sagen, es gab eine Zeit lang eine unglaubliche Ausweitung an Glas gerade in den letzten zwanzig Jahren. Zum Beispiel gab es nicht nur das Rieslingglas, sondern das leichte Rieslingglas und das für gereifte, kräftige Rieslinge. Das bedeutet, man hat also nicht nur rebsortenspezifische Unterscheidungen getroffen, sondern sogar Unterkategorien innerhalb der Rebsorten gemacht. Und ich denke, das haben die Leute sogar geliebt, dass sie zu Hause zehn unterschiedliche Weingläser hatten.
Doch ich merke, dass sich diese Richtung ändert. Es geht mehr und mehr hin zum Allrounderglas. Man versucht vermehrt, das „optimale“ Glas zu finden. Und es gibt auch ein paar Produzenten am Markt, die das seit einigen Jahren schon so machen bzw. darauf setzen. Da ist halt dann immer die Frage: Wie viel Einschränkung ist zu viel Einschränkung? Ich glaube zwei oder drei unterschiedliche Weingläser sollten in einem Haushalt vorhanden sein.
Einen zweiten Trend, den ich persönlich bemerke, ist, dass die Leute mehr auf die Qualität achten. Das bedeutet, hochwertige Gläser sind total im Kurs. Die Konsumenten legen mehr Wert auf ein hochwertiges Weinglas und nehmen da auch gern ein bisschen Geld in die Hand, um sich eben ein schöneres, hochwertigeres Gläserset zu gönnen.
Hauke: Da möchte ich die unterschiedlichen Formen bei den Weinflaschen ergänzen. Wenn man in den Weinhandel geht, sieht man, dass der Konsument nicht gerne aus einer Einheitsflasche trinkt. Es ist kein Geheimnis, dass Rotweine je nach Wertigkeit schwerere Flaschen haben und, dass es auch beispielsweise beim Chardonnay eine andere Flaschenform gibt als beim Grünen Veltliner. Der Konsument hat — denke ich — gerne grundsätzlich unterschiedliche Flaschen und Glasformen, weil man hier auch den Alltag etwas individualisieren kann. Am Ende ist es doch total langweilig, wenn man immer nur dieselbe Flasche und dasselbe Glas vor sich stehen hat. (Lacht)
Was halten Sie von verzierten Gläsern oder dunkel gefärbten Weingläsern? War das nicht einmal ein Trend?
Lamprecht: Lassen Sie uns zunächst über den Wein sprechen. Die Farbe eines Weins kann viel über ihn aussagen. Viele Konsumenten interpretieren eine dunkle, dichte Farbe automatisch als Zeichen für höhere Qualität – unabhängig davon, ob das tatsächlich zutrifft. Oft wird sogar in der Weinindustrie mit Rebsorten experimentiert, um die Farbe zu intensivieren, da viele Käufer eine tiefere Farbe mit besserem Geschmack assoziieren. Aber das ist irreführend; nicht alle helleren Weine sind minderwertig, und es wäre falsch zu behaupten, dass sizilianische Weine die besten der Welt sind, nur weil sie dunkler sind.
Hauke: Der Konsument möchte auch sehen, was im Glas ist. So wie er Verpackungen erkennt, möchte er auch die Perlen im Sekt aufsteigen sehen.
Worauf achten Sie bei Gläsern? Was würden Sie sich wünschen?
Hauke: Die Pflege sollte einfach sein – Geschirrspüler geeignet! Handwäsche führt oft dazu, dass Gläser schnell brechen. Ich denke, man braucht nicht mehr als drei bis vier gute Gläser; viele verschiedene Formen sind nicht notwendig.
Lamprecht: Mit dem aktuellen Angebot am Markt ist man gut bedient. Ich möchte besonders die österreichische Glaskultur hervorheben. In vielen renommierten Weinländern wie Frankreich oder Italien werden österreichische Gläser verwendet. Wir haben eine lange Tradition in der Glasherstellung, die bis nach Böhmen zurückreicht. Selbst in einfachen Gasthäusern bekommt man hier vernünftige Gläser serviert – ein Qualitätsmerkmal, das in anderen Ländern oft fehlt.
Wie steht es um recyceltes Glas?
Hauke: Wichtig ist: Wir recyceln nur Verpackungsglas wie Flaschen oder Gurkengläser. Trinkgläser haben oft eine andere chemische Zusammensetzung und sollten daher in den Restmüll. Das Recycling von Trinkgläsern ist problematisch und sie können den Schmelzprozess beeinträchtigen. Übrigens: Parfum-Flakons gehören auch in die Glastonne und müssen recycelt werden. In Österreich haben wir eine beeindruckende Recyclingquote von 85 Prozent für Verpackungsglas. Leider landen immer noch 10 – 15 Prozent im Restmüll. Wir arbeiten daran, die Sammelinfrastruktur zu optimieren und mehr Bewusstsein für das Recycling zu schaffen.
In so einem Verpackungsglas ist der Schlumberger Sekt. Was zeichnet denn Schlumberger aus?
Lamprecht: Ein Aspekt, den wir offiziell nicht bewerben dürfen, ist die Bekömmlichkeit unseres Sekts – insbesondere der niedrige Histamingehalt. Unser vorheriger Kellermeister war bereits Vorreiter in diesem Bereich. Schlumberger steht für Leichtigkeit und einen feinen Trinkgenuss; wir sind Teil des gesellschaftlichen Lebens in Österreich. Die Herkunft unserer Trauben ist ebenfalls wichtig: Sie stammen zu 100 Prozent aus Österreich. Alles – vom Glas bis zum Drahtgeflecht – kommt aus heimischer Produktion, abgesehen vom Korken.
Hauke: Das passt gut zu unserem Ansatz: Wir engagieren ausschließlich österreichische Sammelpartner und über 90 Prozent des gesammelten Materials gehen an die heimische Industrie.
Gibt es Überlegungen für alkoholfreie Produkte unter der Marke Schlumberger?
Lamprecht: Wir bewahren seit 182 Jahren eine bestimmte Tradition in der Sektproduktion nach klassischer Methode. Ein alkoholfreier Sekt würde uns von dieser Tradition entfernen. Es gibt einfachere Methoden zur Herstellung von Schaumwein, aber wir möchten der Qualität treu bleiben.
Was bevorzugen Sie im Glas: Rosé oder Blanc?
Hauke: Glasklar – weiß!
Lamprecht: Ich greife lieber zum Rosé. Leichte Frucht, nicht zu herb, nicht zu süß! Außerdem trinke ich Rosé gern, weil mir die Farbe gefällt. Und ich bin davon überzeugt, dass viele das auch finden, aber es sich nicht zu sagen trauen. (lacht)
Vielen Dank für das Gespräch!
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