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Elektrisch, mit Wasserstoff, hybrid oder doch mit ­Benzin? Eine kurze Ausfahrt in die ­Mobilität der nahen Zukunft.

In 30 Jahren ist alles anders! Betrachten wir die letzten 100 Jahre, ist die Erkenntnis nicht besonders bahnbrechend. Die Entwicklungen dieser Zeit – vor allem im technischen Bereich – waren revolutionär. Und dennoch wird sich der Fortschritt bis 2050 noch einmal von den Geschehnissen der Vergangenheit abheben. Denn was hier passieren wird, katapultiert unsere Art der Fortbewegung auf ein neues Level. Und zwar gleich in zweierlei Hinsicht: Einerseits wird das Auto als Besitzgut vor allem im städtischen Bereich extrem stark an Bedeutung verlieren, andererseits wird die Idee des Connected Car“ den Kinderschuhen entwachsen sein und auf großem Fuß leben. Heißt: Ein superschnelles Internet – vielleicht 10 G – wird dafür Sorge tragen, dass autonome Autos untereinander sowie mit ihrer unmittelbaren Infrastruktur am Boden und in der Luft kommunizieren können. Die Autobranche wird bis dahin umgedacht und ihre Produktionszahlen drastisch reduziert haben. Wer 2050 ein Auto benötigt, wird es nicht besitzen, sondern per Smartphone ordern. Und Dienstleister wie Uber oder Lyft werden ihr Angebot stark ausgebaut haben. Dass all dies autonom und ohne Zutun eines Fahrers passiert, daran zweifelt selbst der widerspenstigste Eremit nicht mehr. Schon heute finden sich Park- und Spurhalteassistenten selbst im Kleinwagensegment – doch das ist erst der Anfang. 2050 wird die Hälfte aller Fahrzeuge autonom gelenkt werden, und die tödlichen Verkehrsunfälle werden drastisch zurückgehen.

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Online gibt richtig Gas

Autohersteller brauchen sich aber um ihre Existenz keine großen Sorgen zu machen. Wie es funktioniert, macht uns heute schon die Smartphone-Industrie vor. Samsung verkauft beispielsweise die meisten Geräte weltweit, Apple aber schöpft 80 Prozent des globalen Anteils am Gesamtgewinn des Marktes. Woran das liegt? Apple liefert seine digitalen Services über den App-Store gleich mit. Samsung hat diese Goldgrube an Googles Android abgetreten. In der Autobranche wird es in ferner Zukunft wohl ähnlich laufen. Wer digitale Services anbieten kann, die den Menschen einen Nutzen bieten, wird weiterhin die Nase vorn haben. Experten schätzen, dass Connected-Car-Services bis 2030 ein fast zehnmal höheres Umsatzpotenzial haben werden als heute. Das Schöne daran: Die Autonomie der Mobilität wird Staus in Zukunft unmöglich machen, ebenso wie die Parkplatzsuche, denn das Fahrzeug kehrt selbstständig in die Garage oder an seinen Ausgangspunkt zurück. 

Der erste Meilenstein für diese Entwicklung wurde vor 20 Jahren von BMW gesetzt, als das erste iDrive-System verbaut wurde, das nicht nur die Tastenflut im Auto Vergangenheit werden ließ, sondern auch den Dienst BMW Online Realität werden ließ. 2007 wurde die Suchmaschine Google integriert, seit 2012 können auch Apps von Drittanbietern verwendet werden. Und die Zukunft bleibt vernetzt: Viele cloud-basierte Services werden eine immer weiter wachsende Fülle an Daten nutzen, die in Echtzeit zur Verfügung stehen und dem Fahrer auf einem riesigen gebogenen Display zur Verfügung gestellt werden. Zudem wurde die Sensorik verbessert, das Umfeld kann so besser vom Fahrzeug wahrgenommen und analysiert werden. Premiere feierte das neue iDrive im BMW iX. Natürlich überlässt die Konkurrenz den Bayern nicht so einfach das Feld. Mercedes setzt auch auf einen Hyperscreen mit einer Gesamtbreite von beeindruckenden 1,4 Metern – bereits zu sehen im EQS. Es fehlt also nicht mehr viel, und wir alle dürfen uns fühlen wie David Hasselhoff, als er in den 1980er-Jahren sein Auto mit den Worten K.I.T.T., ich brauch dich!“ um Hilfe rief.

Wasser liefert den Stoff

Was der schwarze Pontiac Trans Am der Vorabendserie Knight Rider“ allerdings damals noch nicht wusste: Mit 98 ROZ im Tank ist in Zukunft niemand mehr unterwegs – das ist 80er-Style. Angetrieben werden die Räder durch alternative Antriebe – Strom oder Wasserstoff. Bleiben wir zunächst beim Wasserstoff. Dass wir es hier mit einer schweren Geburt zu tun haben, zeigen bereits die aktuell am Markt befindlichen Modelle. Sie sind quasi an einer Hand abzählbar. Die Autohersteller halten sich bei dieser Technik dezent zurück – zu kompliziert, zu aufwendig, keine Infrastruktur. Nur 18.000 Fahrzeuge mit dieser Technik sollen aktuell weltweit unterwegs sein – ein Projekt für Liebhaber. Lediglich ‑Toyota (Mirai), Hyundai (Nexo) und Honda (Clarity Fuel Cell) ‑nehmen sich dieser Technik in Form von Serienfahrzeugen an. Der neueste Wurf stammt von Toyota in Form des Mirai II, der auch das meistverkaufte Fahrzeug seiner Art ist. Die 142,2 Liter Wasserstoff, die er aufnehmen kann, bringen etwa 650 Kilometer Reichweite, und ein Tankvorgang dauert gerade einmal fünf Minuten. Die Motorleistung beträgt 174 PS – Alltagstauglichkeit wäre also gegeben. Leider ist die Infrastruktur in Europa mehr als bescheiden und der Anschaffungspreis aufgrund der geringen Stückzahl sehr hoch. 

Ganz anders verhält es sich bei den E‑Autos. Hier überschlagen sich die euphorischen Meldungen rund um neue Innovationen regelrecht. Seien es Aluminium-Luft-Batterien mit 2.500 Kilometer Reichweite oder Akkus, die innerhalb von zehn Minuten voll geladen sind. Das Problem: Es bleibt leider bei Studien und Prognosen, der Wunder-Akku ist nach wie vor nicht erfunden. Ähnlich sieht es bei Konzepten zur Infrastruktur aus wie zum Beispiel schon oft propagierte Solarautobahnen oder das induktive Laden der Batterien an roten Ampeln oder sogar während der Fahrt. Im Labor ist alles möglich, willige Finanziers sind aber nicht so leicht gefunden. Und so bleibt es vorerst dabei: E‑Autos der Gegenwart hängen lang am Tropf und fahren vergleichsweise kurz. Die Studien zeigen aber schon heute, was morgen möglich sein wird. Und auch die aktuellen Modelle machen Lust auf mehr.

Alle sind elektrisiert

Jeder Hersteller braucht dieser Tage eine elektrifizierte Version in seinem Portfolio, und diesem Credo wird nach bestem Wissen und Gewissen gefolgt. Große Namen setzen sogar auf eine ganze Elektrofamilie – beispielsweise Volkswagen. Die Deutschen schickten ihr Elektro-SUV ID.4 erfolgreich ins Rennen. Nach dem ID.3, der in der Golfklasse spielt, stromert der Offroader in der Klasse des Tiguan. Die Reichweite beträgt bis zu 520 Kilometer, 30 Minuten am Tropf reichen für neuerliche 320 Kilometer – und das bei einer Leistung zwischen 148 und 306 PS. Dennoch: Spätestens nach 20 Minuten Wartezeit an einer Raststation wünschte man sich die Tankgeschwindigkeit des Wasserstoff-Pendants. Aber dieses Schicksal hat natürlich nicht nur der ID.4 zu tragen. Auch das kompakte SUV EQA von Mercedes braucht 30 Minuten, um 80 Prozent seiner Energie zurückzubekommen, und steht mit seinem Look and Feel in direkter Konkurrenz mit dem ID.4. Mercedes startet zunächst in seinem neuen E‑Modell mit einer 190-PS-Version und 426 Kilometer Reichweite, sein ebenfalls rund 300 PS starker Bruder mit einer Reichweite von 500 Kilometern steht aber bereits fest und befindet sich in Entwicklung. Auch das Elektro-SUV von Mazda, der MX-30, fischt in diesem Teich. 145 PS leistet die umweltfreundliche Maschine, was für 262 Kilometer Reichweite sorgt. Originelles Detail am Rande: Nicht nur der flüsterleise Antrieb wird für Aufsehen sorgen, sondern auch die gegenläufig öffnenden Türen, die man seinerzeit bereits aus dem Sportwagen RX8 kannte. Damit der Umstieg von Verbrenner auf Elektro den potenziellen Käufern leichter fällt, bietet Mercedes etwa eine Navigation mit Electric Intelligence“. Das System kann hier die besten Ladestationen anhand der aktuellen Reichweite, des Verbrauchs, der Topografie, der Temperaturen und der Verkehrssituation bestimmen – sicher ist sicher. Ein kurzer Schwenk zu den Superreichen: General Motors hat bekannt gegeben, in den nächsten Jahren eine E‑Offensive zu starten. Den Anfang machte ein neues Logo, als Highlight wird Ende des Jahres eine Elektroversion des Hummers folgen. Nicht weniger als 1.000 PS wird der GMC Hummer EV leisten. Die französische Nobelmarke DS (Citroën) ließ mit einem Concept Car hinter die Kulissen zukünftiger Modelle blicken. Der DS Aero Sport Lounge ist ein Elektrowagen mit 680 PS und 650 Kilometer Reichweite. Das ist beeindruckend, aber noch nicht das Spektakulärste. Im Innenraum werden Elemente der Navigation und des Infotainments nämlich auf das Armaturenbrett projiziert – das heißt Augmented Reality im Auto. Sämtliche Informationen können so direkt in die Umgebung eingeblendet werden. Schon Audi hat diese Technik für seinen 306 PS starken Stromer Q4 E‑Tron angekündigt. Auch Bentley-Fahrer dürfen sich über nachhaltige Fortbewegung freuen. Das neu überarbeitete Monster-SUV Bentayga wird neben einem V6-Motor ebenfalls von einer Elektromaschine befeuert – Systemleistung 445 PS

Fahren mit zwei Herzen

Apropos Systemleistung: Natürlich werden auch jene Menschen bedient, die gern das Beste aus beiden Welten ‑haben. Hybridmotoren haben den großen Vorteil, dass kurze Strecken im elektrischen Modus zurückgelegt werden können, bei längeren Wegen aber der Verbrennungsmotor vor unerwünschtem Stillstand schützt. So gibt es den Honda CR‑V ab heuer beispielsweise nur noch als Hybrid mit einem Elektromotor mit einer Maximalleistung von 184 PS, gekoppelt mit einem Benzinmotor mit 145 PS und einem Verbrauch von 6,6 l / 100 km. Die Japaner sind aber nicht die Einzigen, die auf Modelle mit zwei Herzen setzen. Die gesamte Autowelt von Audi bis Volvo spendiert ihren Modellen mehr oder weniger starke Elektromotoren. BMW hat sich sogar zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens bekannt und wird bis 2030 sieben Millionen Stromer bauen. So werden die CO2-Emissionen der Marke um rund 40 Prozent reduziert. Große Ziele, die sicherlich nachhaltiger verfolgt werden als die bisherigen Lippenbekenntnisse der Politik. In die gleiche Kerbe schlägt Land Rover mit dem neuen Range Rover: Ordentlich Power unter der Haube mit einem Leistungsspektrum von 249 bis 400 PS und mit dabei ein zarter Mildhybrid, der beim Sparen helfen soll – was bei einem Flaggschiff jenseits der 5,2 Meter auch durchaus angebracht ist. Auf elektrische Unterstützung verzichtet lediglich der angebotene V8, der zudem 530 Pferde für sich arbeiten lässt. Seine Offroad-Eigenschaften hat der Range Rover aber trotz futuristischen Looks nicht verloren. Und wer lieber grün unterwegs ist und auf Größe nicht verzichten möchte, wartet einfach bis 2024 und holt sich den Range Rover P440e oder den P510e nach Hause, der schafft nämlich 100 Kilometer im reinen E‑Modus.

Röhrende Rückzugsgefechte

Bis es aber so weit ist und die alternativen Antriebe die Vorherrschaft übernehmen, gelten noch die Gesetze der spritfressenden Spezies. So schickt Honda beispielsweise seinen überarbeiteten Civic Type R in die Kampfarena. 320 Pferde verhelfen dem spritzigen Japaner zu mehr Respekt im Großstadtdschungel, die aggressive Optik tut ihr Übriges. Hinzu kommen zwei neue Modelle, Sport Line und Limited Edition. Kenner legen ihr Augenmerk auf die Limited Edition, von der in Europa lediglich 100 Stück verkauft werden. Allein die Alufelgen bringen eine Gewichtsersparnis von zehn Kilogramm, das Dämpfersystem wurde optimiert und die Lenkung neu kalibriert. Das dürfte selbst einen Audi SQ5 Sportback nicht kaltlassen, der – dem Buchstaben S“ getreu – nicht auf Volt, sondern 341 fette Diesel-PS baut. So viel Kraft macht auch Lärm und lässt die Herzen aller Verfechter der guten ‑alten Autowelt höherschlagen. Das SUV-Coupé ist ab sofort zu haben, das ist die gute Nachricht. Leider gibt es auch eine Schlechte: Auch der SQ5 Sportback hat bereits einen E‑Motor dabei, der dem Selbstzünder einen kleinen, aber feinen Schlag versetzt, wenn es denn einmal nötig sein sollte. Hubraum-Fetischisten werden akzeptieren müssen, dass die Zukunft nun einmal Funken sprühen wird. Mein Tipp: Lassen Sie es zu, es macht richtig Spaß!

Taxi in den Himmel

Wer lieber in luftigen Höhen chauffiert wird, hat Grund zur Hoffnung. Das deutsche Flugtaxi-Start-up Volocopter bietet ab sofort Vorreservierungen für die ersten Flüge an. Ihr Modell Volocopter 2X fliegt selbsttätig, besitzt 18 Rotoren und war das erste Flugtaxi der Welt. Schon 2017 ließ Dubai den ersten autonomen Flug dieses Lufttaxis im urbanen Raum zu, und 2016 erhielt das Unternehmen die vorläufige Flugzulassung in Deutschland. Man darf also vertrauensvoll sein. Wenn jedoch alle Rotoren streiken – es ist auch ein Notfall-Fallschirm an Bord. 

Hersteller sehen in dem Konzept auf jeden Fall eine Zukunft. So hat zum Beispiel General Motors Anfang 2021 die Vision eines fliegenden Taxis vorgestellt, den Vertile: ein strombetriebener Quadcopter, der seine Fahrgäste vollkommen autonom mit etwa 90 km/​h zum gewünschten Zielort bringen kann. Der Vorteil der über-dimensionierten Drohne: Sie kann vertikal starten und landen und ist so das perfekte Fortbewegungsmittel für die gestresste Managementklientel, die schnellstmöglich von Rooftop zu Rooftop transportiert werden muss.