Spannend und herausfordernd: Johanna Rachinger führt die Österreichische Nationalbibliothek ins digitale Zeitalter.
Lesen und Schreiben gelten nicht ohne Grund als herausragende Kulturleistungen der Menschheit. Ohne sie würde Wissen nicht seinen Weg über Generationen finden, wären die größten wissenschaftlichen Errungenschaften nicht möglich. Die Art und Weise verändert sich – die Kunst des Schreibens und Lesens bleibt konstant wertvoll. Diesen Wert hat Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, zu ihrer Berufung gemacht. Im Art Talk gibt sie spannende Einblicke in ihren Alltag voller Bücher und digitalem Wissen.
„Die Österreichische Nationalbibliothek der Zukunft ist ein realer und ein virtueller Treffpunkt für alle Menschen, die mehr wissen wollen.“
Bücher sind für Sie Berufung und Beruf zugleich. Was macht für Sie die Faszination aus?
In Büchern kann man versinken und in eine andere Gedankenwelt eintauchen. Sie regen unsere Fantasie und unser Denken an und schaffen – nur über das Medium der Sprache – ein verbales Universum.
Können Sie sich noch an Ihr erstes Buch, das Sie gelesen haben, erinnern? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Mit großem Vergnügen habe ich Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“ gelesen. So mutig und stark wie Pippi wollte ich immer werden.
Sie haben Theaterwissenschaften stu-diert – wollten Sie je auf der großen Bühne stehen?
Als Jugendliche habe ich in der Schule immer wieder bei Theateraufführungen mitgewirkt. Und erst vor einigen Jahren wurde in meinem Heimatort ein großes Musiktheaterstück aufgeführt, in dem ich eine kleinere Rolle übernommen ha-
be, was mir große Freude bereitet hat. Generell bin ich aber an der Perspektive der Zuschauenden mehr interessiert.
Von der Verlagsbranche wechselten sie als Generaldirektorin zur Österreichischen Nationalbibliothek. Was war für Sie die größte Umstellung?
Es macht schon einen gewissen Unterschied, ob man Managerin in einem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen oder in einer öffentlichen Institution ist. In der Privatwirtschaft steht der wirtschaftliche Aspekt ganz klar im Vordergrund. In einer öffentlichen Institution gibt es viele andere Faktoren zu berücksichtigen. Die größte Herausforderung war sicherlich die Überführung der Österreichischen Nationalbibliothek von einer kameralistisch verwalteten Institution in die Vollrechtsfähigkeit, die dem Haus vor allem mehr Autonomie gebracht hat.
Lesen oder selbst schreiben – wobei fühlen Sie sich wohler?
Schreiben ist natürlich immer auch ein berufliches Erfordernis. Aber ich hatte nie den Wunsch, ein Buch zu schreiben. Die Bücher, die mir gefallen, hätte ich nie selbst schreiben können.
Welches Highlight in Ihrer Karriere hat Sie besonders geprägt?
Besonders gefreut habe ich mich über die Auszeichnung „WU-Managerin des Jahres“. Ich wurde als erste Kulturmanagerin mit diesem Titel geehrt. Es wurde damit zum Ausdruck gebracht, dass die Österreichische Nationalbibliothek auch im wirtschaftlichen Sinne eine Vorbildfunktion hat.
“Schön gemachte bibliophile Ausgaben haben natürlich ihren Reiz. Aber ich lese auch gerne am E‑Reader.” – Johanna Rachinger
Was muss ein gutes Buch haben, damit es Sie begeistert?
An erster Stelle steht die sprachliche Ausdruckskraft des Autors bzw. der Autorin, die Schönheit und Originalität der Sprache, ihre Rhythmik und die Bilder und Metaphern. Dazu kommt der Inhalt, der mich ansprechen muss.
Wie wichtig ist das haptische Erlebnis für Sie beim Lesen?
Schön gemachte bibliophile Ausgaben haben natürlich ihren Reiz. Aber ich lese auch gern mit meinem E‑Reader, hole mir aktuelle Informationen online und genieße am Wochenende die großen Zeitungsformate.
Welchen Stellenwert hat die Dokumentation von Texten und historischen Dokumenten für die Gesellschaft und ihren Wissenstransfer?
Das in materiellen Dokumenten niedergelegte Wissen zu schützen und für die kommenden Generationen zu erhalten, ist ein ganz zentraler Aspekt unserer Kultur überhaupt. Dabei geht es nicht nur um den Wissensfortschritt, etwa in den Naturwissenschaften, wo jede neue Erkenntnis auf dem schon vorhandenen Wissen aufbaut, sondern es geht auch um unser Selbstverständnis als Menschen, das eng mit unserer Geschichte verknüpft ist. Das UNESCO-Programm Memory of the World versucht das Bewusstsein für die Bedeutung dieses Weltdokumentenerbes weltweit zu stärken. Wir sind stolz, dass von den bisher 15 erfolgreichen österreichischen Nominierungen acht aus unserem Haus stammen.
“Der Prunksaal ist ein Gesamtkunstwerk mit vollkommener, überwältigender Harmonie.”
Welche Rolle spielt gerade in diesem Bereich die Digitalisierung?
Die Digitalisierung und der Onlinezugang zu den digitalisierten Dokumenten sind heute zeitgemäße Mittel, um Inhalte, die früher nur sehr beschränkt vor Ort abrufbar waren, weltweit und rund um die Uhr zugänglich zu machen. Das ist ein so gewaltiger Schritt in Richtung Demokratisierung des Wissens, dass man ihn nur mit der Erfindung des Buchdrucks vergleichen kann. Zudem sind die Digitalisate auch eine ideale Möglichkeit, den Dokumenteninhalt langfristig zu sichern und gleichzeitig die empfindlichen analogen Originale zu schonen.
Ihr persönlich größter Schatz in der Österreichischen Nationalbibliothek?
Ich habe in jeder unserer Sammlungen meine Lieblingsobjekte: die Nachlässe von Ingeborg Bachmann oder Robert Musil im Literaturarchiv, das Mozart-Requiem aus der Musiksammlung, die faszinierenden 2.000 Jahre alten Mumienporträts aus der Papyrussammlung, die mittelalterlichen Handschriften mit ihren farbenprächtigen Buchmalereien oder auch die Fotografien einer Madame d’Ora in unserem Bildarchiv – und noch vieles andere.
Ihr liebster Platz in der ÖNB?
Der Prunksaal ist ein Gesamtkunstwerk mit vollkommener, überwältigender Harmonie. Wir haben mit dem Palais Mollard in der Herrengasse, wo seit 2005 die Musiksammlung, das Globen- und das Esperantomuseum untergebracht sind, oder mit dem im ehemaligen Hofkammerarchiv eingerichteten Literaturmuseum auch wunderschöne historische Räume adaptiert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Info
Hier finden Sie das aktuelle Programm der Österreichischen Nationalbibliothek und auch den Zugang zum Digitalen Lesesaal.
Musikalisches Erlebnis
25. Juni 2024
Art Cars: Von Ferrari bis Lamborghini
Kunstvolle Karosserie: Wenn Künstler wie Andy Warhol & Co. Hand an Automobile legen, schaffen sie motorisierte Persönlichkeiten – genannt werden sie „Art Cars“.
Kunst kreiert Aufmerksamkeit. Wenn Ikonen der Automobilgeschichte von namhaften Künstlern individualisiert werden, können sich alle Beteiligten der medialen Aufmerksamkeit sicher sein. Schon Pablo Picasso würdigte einst eine DS Limousine von Citroën, indem er sie bemalte. Es war bloß ein Gefallen für einen Journalisten, doch dieser verkaufte das Fahrzeug anschließend um den sechsfachen Neupreis an einen Pariser Galeristen. Eine beispiellose Vielzahl an Art Cars stammt aus dem Hause BMW. Andy Warhol, David Hockney, Jeff Koons und viele andere setzten die schnellsten und schönsten Autos der Marke in Szene. Aber auch bei Porsche gab es einen wahren Reigen an extravaganten Kunstwerken, die jedoch nicht alle für den eigentlichen Zweck, das Fahren auf Straßen, geeignet waren. Automarken mit großer Tradition schlossen sich dem Trend an – darunter Lamborghini, Ferrari, Bentley und Mercedes.
01. Juni 2022
Wow Open!
Darauf hat Wien mit Spannung gewartet: Die Horten Collection öffnet ihre Pforten! Ein neuer Kultur-Hotspot an prominenter Adresse und wertvolles Vermächtnis seiner plötzlich verstorbenen Gründerin.
Eine „Prime Location“ sollte es sein, das war die Vorgabe der Kunstsammlerin Heidi Goëss-Horten an die designierte Direktorin Agnes Husslein, als die Entscheidung für ein eigenes Museum gefallen war – kurz nach dem überwältigenden Erfolg der ersten Sammlungspräsentation im Leopold Museum 2018. Gefunden hat die umtriebige Kunstexpertin ein ehemaliges Gebäude der Bundestheater im Hanuschhof zwischen Staatsoper und Albertina. Der Schauplatz gehörte ursprünglich auch zum Anwesen des Albertina-Gründers Albert von Sachsen-Teschen, der hier eine Reithalle errichten ließ. Die wechselvolle Geschichte des Gebäudes will man im neuen Kunsttempel auch sichtbar machen. Die Vorgabe an die drei Architekturbüros, die zum Wettbewerb geladen wurden, war, eine kreative Verbindung von Alt und Neu zu schaffen, wobei kein Denkmalschutz einer großzügigen Neuinterpretation im Weg stand. Das ausführende Büro Next Enterprise ließ den Baukörper völlig aushöhlen und versuchte das Haus in der Vertikalen neu zu definieren. Drei in sich verschobene Ebenen bilden die Präsentationsplattformen, eine aufwendige, futuristisch anmutende Stiegenkonstruktion zieht den Besucher vom großzügigen Foyer förmlich nach oben.
11. März 2021
Lift me up
Ein neuer Fahrstuhl katapultiert Gäste und Technik in ungeahnt luftige Höhen.
Fahrstühle sind aktuell mit bis zu rund 70 km/h unterwegs. Das ist eine enorme Geschwindigkeit, wenn man bedenkt, dass es senkrecht in die Höhe geht. Trotz aller Technik haben sie dennoch ein Manko: das Seil. Dieses kann nämlich nur für Höhen bis 500 Meter verwendet werden, dann müssen die Fahrgäste umsteigen, da das Seil zu stark zu schwingen beginnt. Bei Thyssenkrupp wurde nun ein Lift entwickelt, der ohne Seil auskommt und so ganz neue Distanzen überwinden kann. Der Fahrstuhl namens Multi basiert auf der Idee des Paternosters. So gibt es einen Schacht, in dem der Lift aufwärts, und einen, in dem er abwärts fährt. Die Kabinen hängen an vier Schienensträngen und werden von Linearmotoren angetrieben, die man von Magnetschwebebahnen kennt.
Design & Architecture — November 2024
Hightech am Herd
Warum die Zukunftsküche unser Kochleben komplett aufmischt
Travel — Mai 2024
37. Kitzbüheler Alpenrallye
Zeitreise durch die Alpen: Kitzbühel im Oldtimer-Glanz.
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Juwelier Thomas Pekastnig
Meister des Uhrhandwerks und Berater der Extraklasse.