Kunst hat seit jeher Unterstützung, Wertschätzung und Raum gebraucht. Waren es früher vor allem wohlhabende Familien, die als Mäzene auftraten, übernehmen heute oft Luxusmarken diese Rolle. Mit Stiftungen, Partnerschaften und vielfältigen Projekten schaffen sie Orte für kreativen Austausch, fördern junge Talente und geben der Kunst jenen Raum – ideell wie materiell –, den sie braucht.
Gerade in einer Welt, in der vieles nur noch am kommerziellen Erfolg gemessen wird, ist dieses Engagement für die Kunst überlebenswichtig. Luxusmarken nutzen heute immer häufiger die enge Verbindung zur Kunst, indem sie etwa als Förderer, Kuratoren, Stifter oder Auftraggeber von Künstlern auftreten. Diese Nähe zur Kunst unterstreicht den symbolischen Wert der Marke, erschließt neue Zielgruppen und überträgt die Zeitlosigkeit der Kunst auf das Markenimage. Es folgt ein kleiner Überblick über einige der wichtigsten Foundations.
Visionäre Trennung von Kunst und Kommerz
Cartier schreibt mit der Eröffnung der Fondation Cartier pour l’art contemporain am 25. Oktober 2025 in Paris ein neues Kapitel der kulturellen Markenstiftungen. Die neue Heimat der Stiftung befindet sich in einem historischen Haussmann-Gebäude am 2 Place du Palais-Royal, einem ehemaligen Warenhaus, das vom Stararchitekten Jean Nouvel in ein lichtdurchflutetes, offenes Kulturhaus verwandelt wurde. Fünf bewegliche Plattformen, großzügige Panoramafenster und ein architektonisches Konzept, das sich als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft versteht, schaffen einen dynamischen Begegnungsort. Seit ihrer Gründung 1984 unter Alain Dominique Perrin hat die Fondation Cartier stets avantgardistische zeitgenössische Kunst gefördert – damals eine Pionierleistung, die Luxusmarken lange nicht als ihr Terrain verstand.
Damals wurde strikt darauf geachtet, dass die Kunst unabhängig von der Marke blieb. Diese frühe Trennung von Kunst und Kommerz war visionär und hat der Stiftung eine klare künstlerische Identität verliehen. Die Eröffnungsausstellung „Exposition Générale“ präsentiert mit rund 600 Werken von über 100 Künstlern die interessante Entwicklung der Stiftung und reflektiert ihre Rolle als offenes Forum für kreative Innovationen. Cartier versteht Kunst als lebendigen Prozess, der Tradition und Experiment verbindet. Die Stiftung unterstützt neben klassischen Ausstellungen auch Performances, Film und Design und bietet so ein breites Spektrum künstlerischer Ausdrucksformen. Damit leistet Cartier einen nachhaltigen Beitrag zur internationalen Kunstszene – weit über die Grenzen des Luxusmarkts hinaus.
Kunst und Horologie in globaler Partnerschaft
Auch Richard Mille, bekannt für seine avantgardistischen Luxusuhren, engagiert sich seit Jahren intensiv im Kulturbereich. Besonders hervorzuheben ist die 10-jährige Partnerschaft mit dem Louvre Abu Dhabi, einem der bedeutendsten Kunstmuseen des Nahen Ostens. Diese Zusammenarbeit stärkt den Dialog zwischen bildender Kunst und Uhrmacherkunst und setzt ein starkes Zeichen für visionäre Kreativität und kulturelle Innovation auf globaler Ebene. Im Jahr 2021 initiierte Richard Mille gemeinsam mit dem Louvre Abu Dhabi die jährliche Ausstellung „Louvre Abu Dhabi Art Here“ und den Richard Mille Art Prize. Dieser Kunstpreis dient als Plattform zur Förderung und Anerkennung junger Künstler, die die Grenzen der zeitgenössischen Kunst im Nahen Osten und darüber hinaus erweitern. Die Ausstellung im Forum des Museums zeigt jährlich die Werke der Nominierten – ein lebendiger Ort für Austausch und Inspiration. Mit diesem Engagement zeigt Richard Mille, dass Luxus und Kultur sich gegenseitig befruchten können, indem sie kreative Perspektiven erweitern und den kulturellen Dialog über Regionen hinweg fördern.
Zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft
Die Fondazione Prada wurde 1993 von Miuccia Prada und Patrizio Bertelli gegründet und ist ein herausragendes Beispiel für eine Stiftung, die Kunst und Wissen als Motor gesellschaftlicher Transformation begreift. Mit Projekten, die Kunst, Philosophie, Architektur und Wissenschaft vereinen, schafft die Stiftung neue Perspektiven und fördert interdisziplinären Austausch. 2015 eröffnete die Fondazione Prada in Mailand ihr markantes Kulturzentrum in Largo Isarco, entworfen vom Architekturbüro OMA unter der Leitung von Rem Koolhaas. Das Zentrum umfasst mehrere Gebäude, darunter die „Torre“, ein mit 24-karätigem Goldblech verkleidetes Wahrzeichen, das Werke aus der ständigen Sammlung beherbergt. Weitere Räume wie das „Podium“ und das „Cinema“ bieten Platz für wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen. Für 2025 plant die Fondazione Prada eine Vielzahl von Ausstellungen und Events in Mailand, Venedig, Shanghai und Tokio, darunter die Fotoausstellung „TYPOLOGIEN“ sowie die immersive Ausstellung „Satellites“. Mit ihrem interdisziplinären Ansatz fördert Prada einen kreativen Dialog, der weit über die Kunstwelt hinaus Gesellschaft und Wissenschaft miteinander verknüpft
Ähnlich zukunftsorientiert agiert auch Hermès mit der 2008 gegründeten Fondation d’entreprise Hermès. Unter dem Leitsatz „Nos gestes nous créent et nous révèlent“ („Unsere Handlungen formen und offenbaren uns“) fördert sie weltweit Künstler und bringt kreatives Denken in gesellschaftliche Prozesse ein. Dabei liegt der Fokus stark auf künstlerischer und kultureller Bildung: Programme wie „Transforme“ oder „Résidences d’artistes“ verbinden darstellende Künste mit traditionellem Handwerk. „Manufacto“ bringt handwerkliche Prozesse in Schulen, während „Manuterra“ Jugendliche für Biodiversität sensibilisiert. So wird Kunst nicht nur gezeigt, sondern gelebt – als Praxis, Haltung und Zukunft.
Auch Rolex versteht es, kulturelles Erbe mit Zukunftsdenken zu verbinden. Mit der Perpetual Arts Initiative engagiert sich die Marke global in den Bereichen Musik, Architektur, Film und bildende Kunst. Besonders eindrucksvoll: das seit 2002 bestehende Rolex-Mentoringprogramm, bei dem junge Talente zwei Jahre lang mit international renommierten Künstlern zusammenarbeiten – ein inspirierender Wissenstransfer über Generationen hinweg. Mehr als 60 solcher Mentoring-Duos haben bisher weltweit neue kreative Impulse ermöglicht.
Juwelierkunst als kulturelles Erbe und kreative Inspiration
Bulgari zählt zu den renommiertesten Luxusjuwelieren der Welt und versteht Kunst als Herzstück seiner kreativen Identität und gesellschaftlichen Verantwortung. Die Marke engagiert sich intensiv für die Bewahrung des kulturellen Erbes, insbesondere durch Partnerschaften mit Museen und Künstlern, die sowohl traditionelle Handwerkskunst als auch innovative Designs fördern. Ein Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung archäologischer Projekte im Mittelmeerraum – einer Region, die auch die Wurzeln der Marke tief prägt. Bulgari ist Partner bedeutender Ausstellungen, die antike Kunst mit zeitgenössischer Kreativität verbinden und so den interdisziplinären Dialog zwischen Geschichte, Kunst und Design stärken.
Darüber hinaus veranstaltet Bulgari regelmäßig eigene Ausstellungen und Events, bei denen die künstlerische Gestaltung der Schmuckstücke selbst im Fokus steht. Diese Initiativen zeigen die außergewöhnliche Verbindung von Luxus und Kunst, die weit über reine Ästhetik hinausgeht und kulturelle Bedeutung entfaltet. Die Marke nutzt ihre globale Reichweite zudem zur Förderung junger Talente im Bereich Schmuckdesign, Kunsthandwerk und zeitgenössische Kunst. So trägt Bulgari dazu bei, kulturelles Erbe lebendig zu halten und die Grenzen künstlerischer Gestaltung immer wieder neu auszuloten. Das Unternehmen sieht sich nicht nur als Juwelier, sondern als aktiven kulturellen Akteur, der durch kreative Visionen und soziale Verantwortung nachhaltig zur Kunstwelt beiträgt.
Fazit? Die Frage bleibt: Ist das wahre Förderung der Kunst oder eher ausgeklügeltes Marketing? Die Grenze zwischen Leidenschaft für Kultur und cleverem Brandbuilding ist oft fließend. Dennoch bleibt: In einer zunehmend auf schnellen Profit fixierten Welt ist dieses Engagement für Kunst überlebenswichtig – auch wenn es nicht immer ganz uneigennützig ist.
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