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Der Hotspot im Jänner: Sonnen­baden mit Blick auf Traumbuchten, ­Karnevalsstimmung, Mimosenblüte und Winterwanderwege in leichten Leinenhosen. Wir chillen an der Côte d’Azur.

Wer das Wort als Erster verwendet hat, weiß heute keiner so genau. Aber tout Nice weiß, wofür es steht. Karnevalin – das ist eine Mischung aus Karneval und Adrenalin. Die freudig aufgekratzte Stimmung, die Nizza jeden Februar erfasst und die sich immer weiter steigert, ­beschreibt sie ziemlich gut. In den Garderoben ist Karnevalin fast mit Händen greifbar. Batacuda-Trommler bringen sich da auf Touren. Stelzenläufer wachsen noch ein wenig wackelig in die Höhe. Tänzerinnen und Blumenbotschafterinnen rücken die Kreationen der Langzeit-Kostümbildne­rin Caroline Roux zurecht und flirten mit Typen im Tintenfisch-Outfit. Friseure und Maskenbildner laufen zur ­Hochform auf, perfektionieren das gewagte Make-up, und das Scherzen und Lachen übertüncht die Nervosität vor dem großen Auftritt.

Mardi-Gras-Fest, Nizza: Ein Meer aus Blumen

Ein zweites Meer tut sich in Nizza dann ebenfalls auf. Eines aus leuchtenden Nel­ken, Rosen, Narzissen, Dahlien oder ­Lilien. Denn das größte Mardi-Gras-Fest im Süden Frankreichs, zugleich eine der größten Karnevalsfeiern der Welt, ­beschert Nizza alljährlich ein wogendes Blumenmeer. Klar, dass auch die Floristen an diesen Tagen Überstunden schieben! 3.000 Blumen pro Blumenwagen, 14 Blumenwagen, die zum Höhepunkt des bunten Spektakels, zur Blumenschlacht, rollen – dem Verteilen der duftenden Pracht an die Besucher. 

Die komplexe Logistik dahinter lässt sich nur ­erahnen: Jeden Winter wird ein neues Karnevals­motto festgelegt, heuer lautet es König der Meere und Ozeane“. Dann sind die sorgfältig ausgewählten Ymagiers an der Reihe, die Zeichner und Illustratoren. In den Ateliers der Maison du Carnaval im Stadtviertel Riquier und in der Halle Spada im Stadtviertel Saint-Roch erwachen die Entwürfe als Gipsformen mit aufwendig bemalten Pappmachéüberzügen allmählich zum Leben. Zwei Wochen dauert die Fete. 400.000 Zuschauer säumen dann die berühmte Strandpromenade Nizzas, die Promenade des Anglais. 

Fête du Citron, Menton: Windmühlen, Märchenburgen und eine Stadt voller Zitronen

Im Grande Finale des milden Winters ist die Côte d’Azur nicht bloß in Nizza in Feierlaune. Ein paar Buchten wei­ter östlich verlegt Villefranche-sur-Mer die Winterblüte im Rahmen der Floral Naval Combat ins Hafenbecken. Ganz im Osten, im Zitronenstädtchen ­Menton, rollen mit Tausenden Zitrusfrüchten deko­rierte Windmühlen, Fantasy-Wesen und Märchenburgen durch die Straßen und erinnern im Zuge der alljährlichen Fête du Citron daran, dass Menton vor hundert Jahren Europas größer Zitronenproduzent war. 

Route du Mimosa: Ein Fest für Mimosen

Weiter im Westen und ebenfalls im Februar lockt das Mimosenfestival nach Mandelieu-la-Napoule und ins Hinterland von Antibes. Dass Mimosen an der Côte d’Azur als Symbol der Winter­sonne gelten, inspiriert im Herzen des Mimosa District Paraden und ­Chocolatiers wie Didier Carrié, der das besondere Aroma mit weißer Schokolade und Zitrone kombiniert. 

Ein perfekter Zeitpunkt für Entdeckungen entlang der Mimosenroute ist der Spätwinter auch: Wer zwischen Mitte Jänner und Anfang März zur Zeit der Mimosenblüte in ­Bormes-les-Mimosas in die 130 Kilometer lange Route du Mimosa“ einsteigt, erlebt einen Farb­rausch der Sonderklasse – und sieht Gelb! Wie ein Großgemälde ziehen sich Bormes-les-Mimosas Steinhäuser in allen Ockertönen Richtung Burg hoch, schaffen eine perfekte Grundierung für die Farb­explosion der Akazienart. Das gilt auch für die zerfurchte Bergwelt der Gemeinde Tanneron hinter Mande­lieu-la-Napoule. Hier lockt Europas größter Mimosenwald – und legt sich jeden Winter wie ein gol­dener Zauberschleier über das Land.

Winter is the New Summer: Grad richtig

Sinnlich und mild zugleich. Das zeichnet Winterreisen in den sonnenverwöhnten Süden Frankreichs seit jeher aus. Die ­Dörfer und Städtchen an der Côte d’Azur haben dann zu ihrem ureigenen ­Rhythmus gefunden. Still und ruhig. Unaufgeregt beim Genießen. Das Barometer fällt im Winter selten unter null, die niedrigste Durchschnittstemperatur liegt bei etwa elf Grad im Januar. 

Alte Städte wie An­tibes öffnen sich Besucherinnen, die ganz nach Lust und Laune mal im mondänen Pelzmantel oder im fast sommerlichen Outfit durch die plötzlich halb leeren Gässchen spazieren, dann auf ganz besondere Weise. Zwischen Kathedrale und Schloss Grimaldi, am Hafen Vauban und in den Ateliers des Kunsthandwerkerviertels am Boulevard d’Aiguillon gibt Leichtigkeit den Ton an. Das schafft Raum für angeregte Plaudereien über Keramikkunst und anstehende Museumsbesuche, inspiriert auf ganz besondere Weise. Die ­dahinter auf­ra­genden Berggipfel der Seealpen liegen bis weit ins Frühjahr hinein unter einer dichten Schneedecke. Es ist jener Schutz­wall, der auch jetzt den Winter zum neuen Sommer macht – eine zwischenzeitlich in den Hintergrund getretene Tugend der privilegierten Region. 

Magie der Farben

Fotografen wissen Bescheid. Genies wie Renoir, Matisse, Chagall und Picasso ­so­wie­so: Die Côte d’Azur verströmt in den Wintermonaten ihre ganz eigene ­Magie. Das Licht- und Farbenspiel des tief­blau­en Meers, das leuchtende Gelb der blühenden Mimosen, die Ockertöne der Altstadthäuser in Städten wie ­Antibes, Nizza oder Menton, das auf Leinwand verewigte Rot der Felsen von Esterel kommen dann am besten zur Geltung. In der warmen Jahreszeit trüben Dunst und Hitze die Sicht, lassen die Farben verblassen. Die im Norden angrenzenden Gebirge schützen nicht bloß vor den ­Stürmen, die vom Atlantik in Richtung Osten brau­­sen. Sie bescheren der Küste zugleich ein besonderes Mikroklima, das für ­milde Winter sorgt und zum Sonnenbaden in Straßencafés bei 20 Grad Celsius einlädt – während sich der Rest Europas in nassgraue Schwaden hüllt. 

Hobbygärtner, exotische Pflanzen und eine Belle-Époque-Villa

Wirklich neu ist das freilich nicht, und am allerwenigs­ten für die Hobbygärtner der Region, nicht selten exzentrische Briten, die hier exotische Pflanzen aus aller Welt kultivier­en. Wer durch die wunderbaren Gärten und Parks von Menton flaniert, im Jardin d’Agrumes über die Vielfalt von Orange, Zitrone und Mandarine, von Clementine, Bergamotte, Pomeranze, Pampelmuse und Co. staunt, weiß auf Anhieb, ­wovon die Rede ist. ­Mitten im Jänner fächelt dir die mediterrane Brise subtile Aromen zu. Mit 137 Zitrusfruchtsorten aus aller Welt gehört der städtische Zitrusgarten zu den größten Sammlungen dieser Art in Euro­pa – und ist zugleich eine Winter-Oase neben vie­len weiteren. 

120 Meter über dem Meer schmiegen sich die Zitrusterrassen von La Citronneraie um eine Regenwasserzisterne und um das kleine Land­haus des Annonciade-Hügels. Ganz anders wuchern die Bäumchen in Adrien Gannacs verwunschenem wildem Zitrushain der Maison du Citron – eine Art un­gezähmtes Gegenstück zur geordne­ten Zitrusfrüchtewelt der ­Citronneraie. Und wer Mentons Jardin du Clos du Pey­ronnet besucht, einen ­Privatgarten samt Belle-Époque-Villa und weich plätschern­der Wassertreppe, findet sich zwischen subtropischen Pflanzen aus aller Welt und südafrikanischen Blumenzwiebeln wieder. Schlecht gewählt hat die englische Familie Waterfield diesen ­Flecken nicht: Mit 316 Sonnentagen im Jahr hält Menton Frankreichs Landesrekord.

Winterliche Aktivitäten an der französischen Riviera

Nizzas majestätische ­Belle-Époque-Hotels und ‑Paläste erzählen eine ganz ähnliche Geschichte: nämlich jene von der Sehnsucht, dem nassen, frostigen und nebeligen Klima des europäischen Winters zu entfliehen. Als sich ­exklusi­ve Hotel­adressen wie Nizzas Boulevard Cimiez, an dem sich die reiche britische Oberschicht einst die Klinke in die Hand gab, zum place to be entwickelten, galt die Côte d’Azur als typisches Winterreise­ziel. Aus ganz Europa reiste der betuchte Adel Richtung Süden und verbrachte ganze Monate hier – während viele Hotels in den heißen Sommerwochen geschlossen blieben. 

Über die Bandbreite an winter­lichen Aktivitäten würden die Gäste die­ser Ära freilich staunen. Für das Finale der letzten Tour de France, die das Hinterland von Nizza in den Fokus rückt, kommt man im Winter zwar zu spät. Für Mountain- oder E‑Biking auf die umliegenden Pässe, für Wintergolf oder für Carven und Snowboarden in den Skigebieten der ­Domaine Blanc Azur“ indessen nicht. Sie finden sich anderthalb Stunden entfernt im Örtchen Auron, in Isola 2000 und in Saint Dalmas le Selvage. 

Das Wandern ist des Menschen Lust

Näher sind aber die abwechslungsreichen Wanderwege, die in und um Nizza einladen. Die Etappen des Stadtwanderwegs Lou Camin Nissart, ein gut markierter GR Trail der Fédération Française de Randonnée des Alpes Mari­times, hält dann zwischen Mont Chauve und Colline du Château aufregend neue Nizza-Perspektiven bereit. Der alternative Weg zur Zitadelle des benachbarten Villefranche-sur-Mer verspricht indessen Postkartenblicke auf den intimen Yacht­hafen.

Gleich drei Winterwanderwege führen quer über die exklusive Halbinsel Saint-Jean-Cap-Ferrat. Wer das Meer lieber an der Küste von Cap d’Ail glucksen hören mag, ist am historischen Zollweg Richtung Monaco ähnlich gut unterwegs. Auch hier laden lauschige Bänkchen neben Agaven und Kaktusfeigen zum Verschnaufen ein – und natürlich die milde Wärme der Wintersonne. Ergibt in Summe: ewige Momente, in denen die kalte Jahreszeit ein besonders strahlendes Leuchten verströmt.

explorenicecotedazur​.com


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