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Der Fortschritt klopft an, und wir machen nicht auf? Oona Horx-Strathern, CEO des Zukunftsinstituts Horx, analysiert, wie Corona das Leben verändert und warum Gemeinsinn manchmal smarter ist als Künstliche Intelligenz.

Corona hat dafür gesorgt, dass das Zuhause wieder einen wichtigeren Stellenwert in unserem Leben hat. Hält sich diese Aufwertung der eigenen vier Wände auch in Zukunft?
Unser Zuhause ist manchmal wie eine Tante, die man eigentlich immer schon anrufen wollte, aber man lässt es doch sein, weil man weiß, dass sie kompliziert ist und jammern wird. Wenn man abends von der Arbeit nach Hause kam und die Wände, den Teppich, die Möbel registrierte, dachte man: Eigentlich müsste ich mal etwas verändern. Aber man ließ es, weil es zu anstrengend erschien. Das änderte die Krise radikal. Nachdem die Menschen fast nur noch zu Hause waren, begannen sie sich auf eine neue Weise mit ihrer häuslichen Umgebung auseinanderzusetzen – und zu identifizieren. Es hat sich etwas verändert in der Beziehung zu unseren Wohnungen und Häusern. Wir nehmen unsere häusliche Umgebung anders wahr. Wir wohnen bewusster – und das wird noch eine Weile halten, vielleicht sogar für immer. 

Die Technik ist ein ganz entscheidender Faktor in dieser Hinsicht. Sie ermöglicht es uns, auch für längere Zeit das Haus nicht verlassen zu müssen. Wohin wird dieser Trend noch führen?
Wir werden in Zukunft vielleicht mehr zu Hause arbeiten und dafür die Technik aufrüsten, beispielsweise eine Zoom-Ecke aufbauen. Aber abgesehen davon haben wir gemerkt, dass es weniger das Smart Home“ war, das uns gefehlt hat, sondern eher der soziale Kontakt. Technik ist nur ein Tool. Wichtiger ist die soziale Technik, und die Krise hat uns gezwungen, unsere soziale Umgebung neu zu definieren, zu überdenken und zu bewerten. Balkone und Shared Spaces“, in denen wir bestimmte Dienstleistungen auch im Lockdown in Anspruch nehmen konnten, waren wichtiger als eine App, die uns abends automatisch die Vorhänge zumacht.

“Ich glaube, dass wir uns gerade von einem übertriebenen Technikglauben verabschieden.” Oona Horx-Strathern

Fühlen sich Menschen, die allein leben, jetzt massiv einsamer? Einsamkeit ist in der Krise ein zentrales Thema geworden, davor war dieses Phänomen versteckt. Wir haben es mit einer sehr individualistischen Gesellschaft zu tun – in den großen Städten zählt man bis zu 50 Prozent Single-Haushalte, also Menschen, die im Grunde allein leben. Das ist schon seit Langem ein Problem, und die Krise hat uns das natürlich noch einmal sehr deutlich ins Bewusstsein gerufen. Hierin liegt aber auch eine Chance: Endlich wird das Thema offen angesprochen. In den Städten gewinnen Nachbarschaften an Bedeutung, wir spüren den Wunsch nach mehr Gemeinsamkeit im unmittelbaren Wohnumfeld, die Sehnsucht nach einem neuen Heimatbegriff im urbanen Umfeld. Vertical Village nennen wir diesen Trend. Das wird einen großen Einfluss darauf haben, wie wir in Zukunft Häuser bauen und wohnen. Wenn wir es richtig machen, kann uns die Krise dabei helfen, Lösungen zu finden. 

Angesichts der rapiden Entwicklungen im Privatleben von der KI bis zum Smart Home: Welche technische Neuerung wird unser Leben am nachhaltigsten beeinflussen?
Ich glaube, dass wir uns gerade von einem übertriebenen Technikglauben verabschieden. Intelligentes Wohnen ist etwas anderes als smartes Wohnen. Künstliche Intelligenz und die Idee des automatischen Haushalts sind oft Prothesen, die uns mehr voneinander separieren, als uns zu verbinden. Psychologen gehen inzwischen davon aus, dass Erfindungen wie Alexa eher zu einem Abflachen, einer Disruption unserer sozialen Kommunikation führen. Sie stören unsere Lebensbalance durch ständige Ablenkung und Aufmerksamkeitsforderung. Wir nennen dieses Phänomen Technoferenz“, eine Interferenz des Zwischenmenschlichen. Human Intelligentes Wohnen gibt uns ein Gefühl von Hygge“ (Gemütlichkeit) – nicht nur in einem ästhetischen Sinn, sondern auch im sozialen. Es stärkt das Kostbarste: den Gemeinsinn.

Vielen Dank für das Gespräch!

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29. März 2022 Johanna Rachinger ÖNB c Sabine Hauswirth

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Spannend und herausfordernd: Johanna Rachinger führt die Österreichische National­bibliothek ins ­digitale Zeitalter.

Lesen und Schreiben gelten nicht ohne Grund als herausra­gende Kulturleistungen der Menschheit. Ohne sie würde Wissen nicht seinen Weg über Generationen finden, wären die größten wissenschaftlichen Errungenschaften nicht möglich. Die Art und Weise verändert sich – die Kunst des Schreibens und Lesens bleibt konstant wertvoll. Diesen Wert hat Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, zu ihrer Berufung gemacht. Im Art Talk gibt sie spannende Einblicke in ihren Alltag voller Bücher und digitalem Wissen. 

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25. April 2024 Cannes Artikel Bilder

Die Traversos: Cannes-Fotografen seit Lumière

Die internationalen Filmfestspiele in Cannes gehen in die nächste Runde und kein Star ist sicher vor den Linsen der Cannes-Fotografen Traverso – und das seit Lumière.

Die 75. Ausgabe der Filmfestspiele von Cannes findet vom 14. bis zum 25. Mai 2024 an der Côte d’Azur statt und niemand ist den Stars vor Ort so nah wie Gilles Traverso. Zahlreiche Prominente Persönlichkeiten versammeln sich auf dem roten Teppich und füllen die Straßen mit Cabrios, Konvois oder in der Vergangenheit noch Kutschen. Das Event zieht heute wie damals eine riesige mediale Aufmerksamkeit auf sich. Seit drei Generationen haben die Traversos die Feierlichkeiten fotografisch dokumentiert und dabei Aufnahmen geschaffen, die in die Geschichte eingegangen sind.

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08. April 2024 Hannah Wildner

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Die Fondazione Vedova in Venedig ehrt den österreichischen Maler Eduard Angeli mit einer faszinierenden Ausstellung. Unter dem Titel Silentium“ präsentiert die Kunststiftung eine Werkschau, die die Melancholie und Stille in der Kunst des renommierten Künstlers zelebriert. Die Ausstellung, kuratiert von Philip Rylands, dem emeritierten Direktor der Peggy Guggenheim Collection Venice, findet im Herzen Venedigs statt und gewährt den Besuchenden ein einzigartiges Erlebnis inmitten der immer lauter werdenden Welt. Beeinflusst vom Symbolismus, malt Angeli Relikte des menschlichen Tuns, verlassene Städte und Landschaften, die eine Symbolik des Verlusts und der Melancholie tragen. Die Ausstellung enthält Highlights wie das beeindruckende Werk Kanal 7“ und die surreale Darstellung einer Treppe über der Lagune mit The Stairway“. Auch die jüngsten Werke, The Lantern“ und House on a Canal“, ermöglichen einen umfassenden Einblick in das Universum des international vielfach ausgestellten Künstlers. Zusätzlich zur Ausstellung erscheint ein wissenschaftlich recherchierter Katalog, der einen vertieften Einblick in Angeli’s Schaffen bietet.

13. April bis 28. November 2024
Fondazione Vedova, Venedig

eduardangeli​.com
fondazionevedova​.org

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