Das Gute an der Klimakrise: Hotelbrands, Inselresorts und ganze Regionen basteln mit nachhaltigen Konzepten an einer neuen, besseren Reisewelt.
Es war einmal: Ibiza. Aber die andere, die viel bessere Geschichte: die mit den Hippies, die vor einem halben Jahrhundert hier Spaniens Sonne und das Leben genossen – und alles, was dazwischen sonst noch Platz hatte. Das ist lang her. Aber weil es einen besonderen sinnlichen Charme hat wie Salz auf nackter Haut und barfuß obendrein, feiert auch diese Story ihr Comeback – freilich um einige Lifestyle-Etagen höher. Sechs Sinne brauchst du dazu. Six Senses. Genau: Die Luxushotelkette eröffnete letzten Sommer an der naturbelassenen Bucht von Xarraca das erste BREEAM-zertifizierte Resort der Balearen. BREEAM klingt von der Atemtechnik her ein wenig wie OOOHM, und diese Nähe lässt sich durchaus vertiefen. So wie die heilige Silbe der Hindus ist auch das vom britischen Building Research Establishment in den 80ern etablierte System die Mutter aller nachfolgenden Zertifizierungen, die die Nachhaltigkeit von Gebäuden unter die Lupe nehmen. Wer im Six Senses Ibiza eincheckt, erfährt das als Rundumpaket. Nach dem Sonnengruß am Private Deck oder unter Anleitung von James De Maria, sanfte Personalunion aus Yogalehrer und Balletttänzer, und nach organischem Frühstück im Farmers Market & The Orchard – dekoriert mit prall gefüllten Obststeigen und knallrotem Retro-Traktor – lädt das Six Senses zum Kennenlernen des erstaunlich naturbelassenen nördlichen Ibiza ein. Der Törn am solarbetriebenen Katamaran, E‑Mountainbiking, Kayaktour durch die Xarraca Bay sind typische ‑Aktivitäten. Sogar Klippenspringen von bis zu zehn Meter Höhe biete das Six Senses Ibiza und setzt das innere Acapulco-Adrenalin in uns frei. Abgerundet werden solche Tage mit einer After Party Detox im 1.200 Quadratmeter großen Spa, mit revitalisierenden Drinks an der Pharmacy Bar – oder mit maßgeschneiderten Schlafprogrammen für Anti-Nachteulen.
Nachhaltig spirituell
Zu den nachhaltigen Fixgrößen in dieser Hinsicht zählt das 1995 vom indisch-britischen Hotelier Shivdasani gegründete Unternehmen Soneva, das mit den maledivischen Luxusresorts Soneva Fushi und Soneva Jani sowie Soneva Kiri in Thailand bereits früh dieses neue Credo propagierte. Es lautet bis heute: Spiritualität trifft auf nachhaltiges Inselleben. Das bedeutet: frisch geerntetes Essen, surfen mit ökofreundlichen Boards oder einfach den Sternenhimmel durch das größte Teleskop im Indischen Ozean erleben. Was man hier ebenfalls sieht: Slow Life inmitten wunderschöner Natur.
Ökologisch Oberwasser
Green sells. Bleiben wir noch kurz auf den Malediven – die als Labor aktueller Tourismustrends die grüne Karte besonders nachhaltig zücken. Typische Neueröffnungen wie das von Ritz-Carlton entwickelte Patina Maldives auf Fari Islands verweisen dann auf umweltfreundliche Vorfertigung der Bauteile, auf den Biogarten und die Wasserabfüllanlage vor Ort. Und es geht auch um den Schutz regionaler Kultur. Im Falle von Fari Island wacht ein „Culturist“ über die optimale Einbindung lokaler Traditionen – vom Speiseplan bis zu lokalem Handwerk. Mehr noch: Eine eigene Insel für Angestellte soll gute Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter garantieren – und mit der Institution Fari Campus entsprechende Weiterbildung. Malediven plus Menschenwürde – grüne Hotelkonzepte wollen heute neben mehrfach genutzten Handtüchern auch Mitarbeiterschutz garantieren. Generell gilt dabei: Ökologische Ambitionen sorgen für gute Presse – wobei Ökopioniere nun den Glaubwürdigkeitsbonus einfahren. Marlon Brandos im pazifischen Tetiaroa-Atoll gelegene Resortinsel „The Brando“ entwickelte bereits vor Jahren ein Kühlsystem mit Meerwasser und optimierte die Reinigung von verschmutztem Wasser durch Pflanzen. Im versteckt gelegenen balinesischen Ulaman Eco Retreat generiert wiederum eine hoteleigene kleine Turbine den Strom für das gesamte Resort, und im Schweizer Bad Ragaz schleust eine unterirdische Wärmepumpe die Restwärme aus dem Thermalwasser direkt in die Heizanlage des vielfach prämierten Wellness-Resorts.
Regionale Favoriten
Der Trend zur Regionalität rückt heimische Hoteliers dabei auf sehr unterschiedliche Weise in die Poleposition. Ebenfalls in der Schweiz, und zwar im Snowboarder-Mekka Laax interpretiert das, als Bike Hotel zertifizierte Riders Aktiv-Urlaub neu, und setzt dabei auf Yoga, Funktional Training Rack und einen Wax-Room zum Tunen der Boards. Ähnlich unverspannt gehen die Köche das jede Woche neu kreierte vegetarische 3‑Gänge-Menü aus regionalen Zutaten an. Zur Freestyle Academy für ambitionierte Boarder sind es nur wenige Schritte. Ganz anders das im Chaletstil realisierte Ortners Ressort, ein Wellnessadresse nahe der Europa Therme Bad Füssing, die sich aus einem ehemaligen Bauernhof entwickelt hat und mit Medical Wellness wie Kryoliolyse aufwartet — CoolSculpting® verspricht hier schlank geformte Körper, die man alternierend per Wassergymnastik unterstützt. Wer lieber im oststeirischen Bio-Natur-Resort Retter eincheckt, darf sich wiederum eines minimalen CO2-Fussabdrucks erfreuen — dazu tragen neben dem energieeffizientem Bau regionale Lebensmittel mit teilweise 30-jähriger Bio-Zertifizierung bei. Die wichtigste CO2-Hürde hat man bei all diesen unterschiedlichen Beispielen bereits genommen: nämlich den kurzen Anfahrtsweg.
Gekonntes Upcycling
Ganz andere Wege beschreiten da international aufgestellte Anbieter wie die mexikanische Habitas-Gruppe. Grüne Technik gibt es in den Locations Windhoek und Yucatan sowie bei den aktuellen Neueröffnungen in Mexiko und Saudi-Arabien (!) zwar auch. Aber vor allem steht hier trendiges Upcycling-Design für neue Sichtweisen und eine neue Ästhetik. Sprich: Aus alten Fahrrädern oder Surfbrettern Möbel und Leuchten bauen und so Trash in Treasure, in kleine Kunststücke zu verwandeln, ist eine glasklare Öko-Ansage.
Bewusster Urzustand
In manchen Glücksfällen reichen diese ambitionierten Ansätze noch tiefer – und outen sich dann als genuines Geschäftsmodell hochkarätiger Inselresorts. North Island auf den Seychellen, das vielleicht exklusivste Inselparadies überhaupt, schreibt heute eine Geschichte weiter, die erstmals auf dem benachbarten Juwel Fregate Island zu hören war. Sie lautet: Rückeroberung des Paradieses. Öko-Inselresorts proben hier die Rückkehr zum unberührten Naturparadies. Das visionäre Vorbild: jene Ur-Seychellen, die vor der Entdeckung durch Seefahrer existierten. Dafür sorgen eigene Conservation Manager und Inhouse-Zoologen. Sogar Kokospalmen, die andernorts für Traumstrand stehen, müssen wieder raus.
Safari mit Solarantrieb
Community Spirit, sprich: Bauern, die mit genäschigen Wildtieren versöhnt werden wollen, eingebettet in unverbrauchter Natur – auch für Safari Lodges gehört nachhaltiges Denken seit jeher zur unternehmerischen Basis. Die Klientel: überwiegend Naturliebhaber. Kein Wunder, dass viele Anbieter Pionierarbeit leisten. Solarbetriebene Off-Grid-Lösungen sorgen dann für grüne Energie, und vor Kurzem erregte das ‑keniatische Emboo Camp mit dem ersten E‑Safari-Vehikel Aufmerksamkeit. Richtungweisend für dieses Denken war &Beyond, der Betreiber von 29 Lodges und Camps in Afrika, Asien und Südamerika, trägt das Über-den-Tellerrand-Denken bereits im Firmenwortlaut. Nachhaltigkeit bedeutet hier seit 1991 „Care for the Land, Care of Wildlife, Care of the People“.
Null-Zuwachs-Zonen
Dass potenzielle Reiseziele ebenfalls wie Marken funktionieren und heute mit Nachhaltigkeit werben, war da bloß eine Frage der Zeit. Bestes Beispiel: die Karibikinsel Aruba. Nachdem boomende Besucherzahlen eine Immobilien- und Plastikmüllblase bescherten, wurden radikale Maßnahmen ergriffen: Verbot problematischer Sonnenöle, der Airport-Parkplatz verwandelte sich in eine Solaranlage, Aus für Einwegplastik sowie ausgewiesene Zonen mit Null-Zuwächsen aus dem Tourismus. All das bescherte Aruba den Ruf eines karibischen Trendsetters. Schöner als je zuvor ist die Inselperle seitdem auch.
Handverlesenes
Vegan schlafen
Londons erste vegane Hotelsuite verzichtet im Stadtteil Bankside im Hilton seit 2019 auf Leder, Seide oder ähnliche Materialien, die Tierwohl in Frage stellen – längst finden sich weltweit Nachahmer, etwa in Kalifornien oder auf Mallorca.
Öko-Veranstalter
Spezialisierte Veranstalter für ‑nachhaltige Reisen gibt es heute viele. Manche ragen dabei heraus.
So bietet Lagom Luxus-Chalets etwa in Zermatt und Verbier mit einem ganz besonderen Nachhaltigkeitskonzept an: ‑Gäste entscheiden im Vorfeld, welche Kosmetik und wie viele Handtücher und Reinigung sie brauchen – je weniger, desto grüner, desto kleiner der Preis.
Ein ganz anderes Urgestein ist Intrepid Travel, das nun die exklusive Luxuskategorie „Intrepid Premium“ aufgelegt hat – selbstverständlich strengen Nachhaltigkeitskriterien verpflichtet. Beispiele für solche handverlesenen Unterkünfte sind zum Beispiel das Orient Star, eine ehemalige Medresse in Chiwa (Usbekistan), oder die Nkuringo Bwindi Gorilla Lodge, ein umweltfreundliches Dschungelrefugium mit Blick auf den Bwindi Impenetrable Forest in Uganda.
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