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Exakt übersetzt steht das griechische Wort Kalligrafie für das schöne Schreiben. Heute wie damals eine große Kunst.“

Die Kunst, Worten Gestalt zu verleihen, nennt sich Kalligrafie. Zusehends populär, verlangt sie nach Fingerfertigkeit, Geduld – und dem richtigen Schreibmaterial.

Wir. Ein einfaches, schlichtes Wort. Schnell ausgesprochen, einfach dahingesagt, flugs niedergeschrieben. Wir kann aber ganz anders, und zwar wenn es in seinem majestätischen Sinn verwendet wird. Dann wandelt es sich zu einem Wir, von Gottes Gnaden Kaiser und König“ oder zu einem We the people“ und gewinnt Kraft. Schon beim Aussprechen. Und geschrieben erst recht. Auf alten Dokumenten und Urkunden erscheint dieses Wir ausgeschmückt und herausgestellt. Eines aus der Hand geübter Kalligrafen. Vielmehr gleitet die Feder bewusst geführt, mit Schwung hier und da und dort ein bisschen weniger, über das Papier. Und eh man sich’s versieht, reiht ein Wir sich an das andere. Vielleicht unbeholfen, krakelig gar. Aber doch mit Ansätzen zu einem mächtigen Wir. Das ist das eine. Zum anderen macht sich ein Gefühl der Nähe zu diesen gemalten, geschriebenen, erarbeiteten Worten breit. Sie werden nochmals unterschiedlich wahrgenommen, indem sie eine ganz persönliche Dimension erhalten. Gleichsam Individualität. Nein, Kalligrafie ist das noch nicht. Möglicherweise freilich der Beginn einer folgenreichen Entdeckungsreise. Der erste Schritt.

Ins Tintenglas schauen

Exakt übersetzt steht das griechische Wort Kalligrafie für das schöne Schreiben. Verstanden wird es als die Kunst des Schönschreibens, und eine Kunst ist sie seit jeher. Weltumspannend und alt. Das rührt schon aus der Buchproduktion der Zeiten vor Johannes Gutenberg, als jedes einzelne Buch mit Hand geschrieben werden musste. Kopiert, vor allem und unbedingt leserlich kopiert. In seinem wunderbaren Buch Die Wende“ beschreibt der amerikanische Literaturhistoriker Stephen Greenblatt unter anderem die antike Buchproduktion, die Kopisten saßen ein Arbeitsleben lang über ihr Schreibmaterial gebeugt, umgeben von Tintenglas, Lineal, Federn aus gespaltenem Rohr, und befriedigten die Nachfrage nach Büchern“. Im Athen der Antike, hält er fest, wurden manche einfach nach der Schönheit ihrer kalligraphischen Kunst bezahlt, andere nach der Gesamtzahl abgeschriebener Seiten“. 

Daran ändert sich in der christlich geprägten Spätantike nur insofern etwas, als nicht mehr die Werke griechischer und römischer Autoren produziert“ werden, sondern religiöse Abhandlungen und die Heilige Schrift. Wobei, und diese Einschränkung ist wichtig, es weder im Altertum noch während des Mittelalters darauf ankam, kalligrafisch besonders herausragende Werke zu schaffen, sondern eben leserliche. Worin sich die versierten Kopisten indes verlieren konnten, war die Freiheit, Buchstaben etwa durch Ligaturen, durch das Zusammenschreiben, zu schmücken. Kein Vergleich indes zu den ausgesprochen ornamentalen Meisterwerken islamischer Kalligrafie. Und auch keiner zu den Möglichkeiten chinesischer und japanischer Kalligrafie, die ihrerseits feinst getuschten Gemälden gleichen. Kunstwerke samt und sonders. Dann kam Johannes Gutenberg, der Buchdruck, das Ende handschriftlichen Kopierens und – die Geburtsstunde der eigentlichen Kalligrafie in Europa. Tatsächlich ist es jene stets lesbare Typografie, die jene handschriftlichen Freiheiten erlaubt, die bis dahin undenkbar waren. Das Wort wird Bild.

Die Handschrift gewinnt wieder an Ansehen und Sympathie. Als Ausdruck der Individualität, als Stilmittel.”

Verfasste Sympathie

Bis das 20. Jahrhundert dieser Kunstfertigkeit einigermaßen zusetzt. Schnell und schneller soll alles gehen, es wird mit dem Kugelschreiber schnell notiert, es wird auf der Schreibmaschine tackernd und tickend getextet, es werden am Bildschirm im Eiltempo die Seiten gefüllt. Es könnte der Eindruck entstehen, dass alles, was mit Handschrift und Handwerk und Kunstfertigkeit zu tun hat, endgültig und ein für allemal verschwindet. Wie so oft ist es nicht so, wie es zu sein scheint. Schreiben von Hand hat nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Im Gegenteil. Die Handschrift gewinnt mittlerweile wieder an Ansehen und Sympathie. Als Ausdruck der Individualität. Mithin als Stilmittel der Distinktion. Bandzugfedern, Spitzfedern, Pfannenfedern, Schnurzugfedern, Zeichenfedern, links- und rechtsgeschrägte Federn und was es der speziellen Federn noch mehr gibt, wird nachgefragt. In Kursen wird ihr richtiger Einsatz, die Möglichkeiten, die sich durch sie eröffnen, unterrichtet. Ligaturen und Abbreviaturen, Minuskel und Majuskel, Fraktur und Kanzleischrift in ihren Eigenarten und Anforderungen erarbeitet. Denn was all jene, die sich die Kalligrafie erschließen wollen, erkennen, ist, dass sie wie jedes Handwerk Übung und Übung und nochmals Übung, höchste Konzentration und Exaktheit verlangt. Das ist die erste Stufe. Die Mühen der Ebene. Gefolgt von der wachsenden Selbstverständlichkeit im Führen der Feder über das Papier. Dem Wissen, wie, wann und wo Druck ausgeübt wird, um Effekt zu erzielen. Wie mit einer Drehung aus dem Handgelenk heraus dank der Tinte Schwung Gestalt annimmt. Und wie Schrift und Schriftbild eine Person reflektieren können. Jene des Schreibers oder auch jene, die beschrieben werden.

Meisterstückliches

Die Feder ist dabei das Herzstück eines Schreibgeräts, das im Idealfall sensibel und schnell auf unterschiedlichen Druck reagiert. Sie bietet sich geradezu an, verschiedene Schriftstile anzuwenden, der Schrift diesen eigenen kalligrafischen Charakter zu verleihen. Das macht nicht jeder. In diesem Fall macht das Montblanc. Was in Kenntnis der Hamburger Schreibgerätemanufaktur nicht weiter verwundert. Wo sonst als in einer gewissermaßen Buddenbrook’schen Umgebung (ja, Hamburg ist nicht Lübeck, hanseatisch ist es allemal und mindestens ebenso) könnten das Schreiben mit der Feder und die Fertigkeit der Kalligrafie mehr zu Hause sein? 

Meisterstück Calligraphy Collection nennt das Unternehmen das Set aus der Meisterstück Yellow Gold 149, sozusagen die kalligrafische Begleiterin für den Alltag; der Meisterstück Calligraphy Edition, die, mit Blattgold versehen, an die Kultur der Bildhandschriften erinnert; und der Meisterstück Maki‑e Calligraphy Tribute to Kyoto Fine Craftsmanship Limited Edition 88, die Bezug auf die japanische Tradition der Kalligrafie nimmt. So mag es dann auch nicht verwundern, wenn auf Unterlagen oder in Notizbüchern und Kalendern Wortbilder auftauchen, miteinander verwoben, verästelt. Mal geballt, dann wieder zu einem zarten Netz aus Worten, Begriffen und Buchstaben gleich über Seiten ausgebreitet. Liebevoll gestaltet und festgehalten. Nein, das ist nicht die Unaufmerksamkeit einiger Konferenzteilnehmer, das ist Konzentration und Kunstfertigkeit in einem. Die Neurowissenschaft hat lange schon festgestellt und auch belegt, dass das Schreiben mit der Hand unser Denken und Erinnern positiv beeinflusst. Kalligrafische Fingerfertigkeit ist der ästhetische Beweis dafür. Und ein guter Grund, sich das passende Werkzeug zuzulegen.

Anleitungen zur Praxis des Schönschreibens.

Kalligraphie – Die Kunst des schönen Schreibens. Herbert Becker vermittelt in seinem Praxisbuch Schritt für Schritt Schriften, Geschichte und Praxis der ‑Kalligrafie. Verlag Seemann Henschel, 154 Seiten.

Montblanc — Informationen und Details montblanc​.com