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Zukunftsforscher Andreas Krafft über Trends und wie wir damit die Zukunft gestalten.


Wieso ist der Sinn für das Schöne gerade aktuell so gefragt?

Der Sinn für das Schöne ist im Menschen so zu sagen genetisch angelegt. Wir freuen uns und sind ergriffen, wenn wir einen schönen Sonnenuntergang sehen, ein schönes Gemälde oder ein grandioses Musikstück hören. Die meisten Menschen fühlen sich wohl, wenn sie von Schönheit umgeben sind. Besonders in Zeiten, in denen wir mit viel Schrecklichem konfrontiert werden, nehmen wir schöne Dinge bewusst wahr, ja wir sehnen uns sogar danach. Schöne Dinge gewinnen an Bedeutung.

Ebenso wie Autonomie. Welche Rolle spielt Selbstbestimmtheit in unserer Gesellschaft? 

Menschen möchten grundsätzlich die persönliche Wahlfreiheit haben, um entscheiden zu können, ob sie etwas tun wollen oder nicht. Durch ihre bewusste Entscheidung können sie die Aktivitäten im Einklang mit ihren persönlichen Werten und Idealen selbst bestimmen. Dies tun wir allerdings selten alleine. Mit dem Bedürfnis nach sozialen Beziehungen suchen wir die Verbundenheit mit anderen Menschen. Dabei geht es nicht um eine große Anzahl sozialer Kontakte, sondern um die Qualität der menschlichen Beziehungen. 

Wir müssen uns nicht auf eine Zukunft vorbereiten, wir können sie gestalten.”

Erklärt das, wieso Sharing gerade so ein Trend ist?

Sharing kann sich als ein wichtiges Element einer nachhaltigen Gesellschaft entwickeln, weil es sowohl ökologisch, ökonomisch als auch sozial sinnvoll sein kann. Das fängt beim Shared Dining an und hört beim innovativen Ressourcengebrauch auf. 

Wie werden wir die Zukunft gestalten? Welche Stärken sind dabei gefragt?

Darin liegt schon die Antwort. Wir müssen uns nicht auf eine Zukunft vorbereiten, wir können sie gestalten. Gefragt sind dabei individuelle und gesellschaftliche Fähigkeiten. Etwa wie Einfallsreichtum und Offenheit für neue Möglichkeiten, der Glaube an das Gute sowie das Vertrauen in sich selbst und in andere. Zudem brauchen wir Mut, Willenskraft und Engagement, aber auch Ausdauer, Geduld, Demut und Ruhe. Schließlich baut die Gestaltung der Zukunft auf gegenseitiger Solidarität und Hilfsbereitschaft auf. 

Wie wichtig ist dabei das Thema Optimismus?

Hoffnung ist ein existenzielles und zugleich paradoxes Phänomen. All unsere Handlungen, alles was wir tun, ist bewusst oder unbewusst mit der Hoffnung an das Gelingen verbunden. Somit ist Hoffnung eng mit unserer Handlungsfähigkeit verbunden und der Impulsgeber für Veränderungen. Weil wir uns etwas wünschen und erhoffen, handeln wir. Besonders relevant ist in der heutigen Zeit das Phänomen der kollektiven Hoffnung. Der gemeinsame Wunsch nach einer besseren Zukunft nicht nur für sich selbst, sondern für die gesamte Welt.

Worauf freuen Sie sich 2024?

Vor allem freue ich mich auf die Zukunft und auf das Leben selbst. Ich freue mich auf viele Begegnungen mit interessanten Menschen, auf neue Möglichkeiten und Aktivitäten, von denen ich heute teilweise noch gar nichts weiß. Und auf Zeit mit meiner Familie. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person

Dr. Andreas M. Krafft ist Associate Researcher am Institut für Systemisches Management und Public Governance an der Universität St. Gallen. Als Co-Präsident von swissfuture, der Schweizerischen Vereinigung für Zukunftsforschung, und Mitglied des Vorstandes beim Deutschsprachigen sowie beim Schweizer Verband für Positive Psychologie, leitet er das internationale Forschungsnetzwerk des Hoffnungsbarometers. swissfuture​.ch

Literatur

Krafft, A. M., & Walker, A. M. (2018). Positive Psychologie der Hoffnung: Grundlagen aus Psychologie, Philosophie, Theologie und Ergebnisse aktueller Forschung. Berlin, Heidelberg: Springer.

Krafft, A. M. (2019). Werte der Hoffnung. Erkenntnisse aus dem Hoffnungsbarometer. Berlin, Heidelberg: Springer.

Krafft, A. M. (2022). Unsere Hoffnungen, unsere Zukunft: Erkenntnisse aus dem Hoffnungsbarometer. Berlin, Heidelberg: Springer.